Magnet
Informationen zum Hersteller
Motoren Fabrik Magnet GmbH
Berlin-Weissensee, Lehderstraße 16/19 (Februar 1905 – September 1915)
Magnet Motoren Aktiengesellschaft
Berlin-Weißensee, Lehderstraße 16/19 (August 1915 – Ende 1932/ Anfang 1933)
Ähnlich wie NSU, Dürkopp, Progress, Wanderer und andere frühe Motorradhersteller verwendete man beim Motorrad-Pionier „Magnet“ keine zugekauften Einbaumotoren von FN, Fafnir, Peugeot, Zedel oder ähnlichen Zulieferern. Stattdessen entwickelte Magnet sowohl die Fahrgestelle als auch die Antriebsaggregate im eigenen Hause. Das Unternehmen begann zunächst mit der Produktion von Motoren, die mit eigenen Abreiß-Magnetzündern ausgestattet waren und fertigte wenig später auch eigenkonstruierte Motorräder. Fachzeitschriften stellten damals fest, dass „wir es hier mit einer Marke zu tun haben, die ihren Platz unter den ersten Motorzweiradfabriken würdig behauptet“. Diese Einschätzung bestätigt sich, wenn man im Nachhinein den Produktionszeitraum der Motorräder und der Stationärmotoren betrachtet.
Am 6. Februar 1905 wird die „Motoren Fabrik Magnet GmbH“ mit Sitz in Berlin Neu-Weissensee gegründet. Gegenstand des Unternehmens ist die Fabrikation und der Verkauf von Motoren für Gas, Benzin, Petroleum und ähnlichen Stoffen, ferner von magnetelektrischen Zündapparaten für solche Motoren, sowie von Automobilen in Verbindung mit solchen Antrieben. Zu Geschäftsführern werden die Kaufleute Robert Hein (Charlottenburg) und Rudolf Müller (Berlin) bestellt. Dem Ingenieur Henrik Qvarnström aus Berlin ist Gesamtprokura erteilt. Er wird im Jahr 1923 Mitgründer der „Dihl-Motoren Aktiengesellschaft“. Die Fabrikräume der Magnet Motorenfabrik befanden sich im Areal der Industrie-Werke Weissensee, einer der damals größten Industrie-Anlagen Deutschlands. Den Markennamen „Magnet“ ließ man sich erst Mitte 1908 rechtlich schützen.
Bekanntheit erlangten die Produkte bereits im Juni 1905, als zwei Motorräder mit eingebauten 3 PS Magnet-Motoren die ca. 660 km lange Strecke der Zuverlässigkeitsfahrt Eisenach-Berlin-Eisenach ohne Motor- oder Maschinendefekt absolvierten. Der verwendete Motor ist mit gegenüberliegenden gesteuerten Ventilen ausgeführt. Er wird als 3 ¼ PS-Motor bezeichnet. Der Magnet für die magnet-elektrische Abreißzündung eigenen Systems ist hinter dem Motorgehäuse angebracht und dadurch vor Beschädigung geschützt. Angetrieben wird er über vier eingekapselte Zahnräder, wobei die mittleren Zahnräder auch dazu dienen, das Einlass- und das Auslass-Ventil über Nocken auf dem Zahnrad mechanisch zu steuern. Bei einer Zylinderbohrung und einem Hub von jeweils 80 mm beträgt das Hubvolumen des Einzylinder-Viertaktmotors etwa 402 ccm. In zeitgenössischen Berichten äußerten sich Kunden zufrieden mit den Krafträdern, bei denen „die zierliche Bauart sowie der geräuschlose Gang des Rades und sofortiges Anspringen des Motors“ gelobt wurden.
Die Motoren fanden auch in anderen Bereichen Anwendung, etwa als Antriebseinheit für Kleinbetriebe oder zum Einbau in größere Ruder- und Segelboote. Zu diesem Zweck wird ein 3 ¼ PS Motor mit Wasserkühlung entwickelt und produziert. Für den Einbau in Motorzweiräder war die luftgekühlte Variante des Motors vorgesehen. Bei der kurz darauf erhältlichen, leistungsstärkeren 3 ½ PS Version wurde der Zylinderdurchmesser von 80 mm auf 84 mm erweitert, wodurch sich der Hubraum auf 454 ccm vergrößerte.
In nächster Konsequenz ging die Firma zum Bau eigener Magnet-Motorräder und Motor-Gepäckräder über und bewirbt diese Mitte August 1905 in den damaligen Fachzeitschriften. Das Gepäckrad besaß einen starren Hauptrahmen mit erweiterter Rahmenfront, an der ein Gepäckkasten oder auch ein Personensitz montiert werden konnte. Die Steuerung erfolgte vermutlich über eine Achsschenkellenkung. Bereits im darauffolgenden Monat wurde die Konstruktion um einen Leerlauf und um eine Handkurbel zum Anwerfen des Motors erweitert. Der Leerlauf basierte auf dem Prinzip einer Friktionsscheiben-Kupplung, für die ein Patent erteilt wurde. Die Fahrzeuge zeichneten sich durch große Stabilität, eine funktionale und übersichtliche Anordnung aller mechanischen Komponenten sowie einer langgestreckten, niedrigen Bauart aus. Im Herbst wurden diese Produkte im Rahmen des „Internationalen Markts und Ausstellung von Motorfahrzeugen, Motoren, Werkzeugmaschinen, Fahrrädern“ im Krystall-Palast zu Leipzig präsentiert.
Bereits im September 1905 bewährte sich die Motorradkonstruktion bei der 242 km langen Rundfahrt um Berlin. Ein 3 ¼ PS Magnet-Kraftrad erreichte bei starkem Regen und durchweichten Straßen den zweiten Platz.
Erste Markenvertretungen wurden an Max Peschke vergeben, der die Alleinvertretung für Berlin erhielt. Für Köln übernahm die Firma „August Lehr GmbH“ die Generalvertretung für das Rheinland, Westfalen, Hessen und Elsass-Lothringen und präsentierte die Magnet-Motorräder sowie Magnet-Motoren während der Frankfurter Ausstellung vom 20. bis 29. Oktober 1905. In Hamburg waren Magnet-Fahrzeuge im Geschäft „W.A.M. Göttseh“ erhältlich.
Im Jahr 1906 werden die 3 ¼- und 3 ½-Einzylinder-Motorradausführungen um ein 5 PS Zweizylinder-Modell ergänzt. Dessen Motor in V-Zylinder-Anordnung verfügte über einen eigenen Zündmagneten je Zylinder, der vor und hinter dem Motorgehäuse angeordnet war. Die Zylinder hatten eine Bohrung von 84 mm und einen Hub von 82 mm, was für den Zweizylinder einen Hubraum von etwa 909 ccm ergibt. Alle Motoren wurden vor Einbau auf die erforderliche Leistungsfähigkeit auf der hauseigenen Bremsstation überprüft.
Das Unternehmen bietet neben den Motorrädern auch Motorgepäckräder, neu entwickelte Motordreiräder mit Karosserie für zwei bis drei Personen, stationäre Motoren mit Wasserkühlung und Boots-Motoren mit umsteuerbarer Schraube an. Die Motordreiräder sind Motorräder mit seitlich angebautem breitem Seitenwagen, die über eine Gelenksteuerung mit Drehgriff vom Seitenwagen aus gefahren werden können. Alle Produkte wurden auf der Berliner Automobil-Ausstellung im Februar 1906 präsentiert. Die Magnet-Motorräder konnten auf Wunsch mit einer selbst entwickelten Vorderradfederung versehen werden.
Im gleichen Zeitraum wurden im sportlichen Bereich weitere Erfolge erzielt. Bei den Motorzweirad-Rennen am 15. Juni 1906 in Leipzig gewann ein Magnet-Motorrad das 10-Kilometer-Rennen der Motorräder bis 3½ PS. Ein weiterer Sieg wurde bei der Herbstprüfungsfahrt in Breslau verzeichnet, bei der der Magnet-Fahrer P. Häusler in der Klasse bis 3½ PS den ersten Platz erzielte. Auch bei den Motorradrennen im Oktober 1906 in Berlin-Steglitz erreichten Magnet-Motorräder mehrere Platzierungen: Im 10-Kilometer-Rennen und im Stunden-Kriterium mit gefahrenen 72,5 km wurden insgesamt drei erste Plätze notiert. H. Müller belegte dabei im 10-Kilometer-Rennen für Touren- und Rennmaschinen den zweiten Platz.
Darüber hinaus war das Unternehmen im Herbst 1906 auf der Internationalen Automobil-Ausstellung in Berlin vertreten und präsentierte eine Auswahl von Motorrädern sowie Seiten- und Vorsteckwagen, die sich nur geringfügig von den Modellen des Vorjahres unterschieden. Das Geschäft expandierte kontinuierlich, beispielsweise wurden trotz hoher Importzölle mehrere Magnet-Motorräder nach Frankreich exportiert und eine Vertretung vor Ort eingerichtet. Aufgrund dieser Entwicklungen wurde eine Erweiterung der Fabrik und der Geschäftsräume sowie eine Kapitalerhöhung beschlossen, die am 13. Oktober 1906 in der Gesellschafterversammlung genehmigt wurden.
Weitere sportliche Erfolge wurden beim 10 Kilometer-Rennen anlässlich des Deutschen Motorfahrertages in Hannover am 9. Mai 1907 erzielt. Mit einer serienmäßigen 3 ½ PS Maschine setzte sich der Berliner Fahrer Ludwig gegen eine starke Konkurrenz durch. Beim anschließenden internationalen Stundenrennen erreichte man mit zurückgelegten 76,1 Kilometern den vierten Platz. Bereits einige Tage vorher gewann eine Magnet-Maschine auf der Rennbahn Berlin-Treptow den ersten Preis im 10 Kilometer-Rennen sowie den ersten und zweiten Preis im 50 Kilometer-Rennen. Die Magnet-Maschinen überzeugten laut Berichten durch ihre Zuverlässigkeit, Leistungsfähigkeit und Ausdauer.
Das neu entwickelte, leichte 2 PS Magnet-Motorrad erzielte am 12. Mai 1907 den ersten Platz in der Kategorie der leichten Motorräder bei der Fernfahrt Bremen–Hamburg–Bremen über eine Distanz von rund 215 Kilometern. In der Gesamtwertung der leichten und schweren Motorräder belegte das Modell den zweiten Rang vor deutlich stärkeren Maschinen. Das Fahrzeug wiegt lediglich etwa 42 bis 44 kg und verfügt über einen geschlossenen Rahmen, in welchem der Motor eingesetzt und befestigt ist. Für gelegentliches Mittreten standen zwei mitgelieferte, wechselbare Sattelstützen zur Auswahl, ausgerichtet entweder nach vorne oder hinten. Das Motorrad ließ sich durch einige Pedaltritte leicht aus dem Stand starten, somit waren Leerlaufkupplung und Anfahrständer entbehrlich. Der vertikal eingebaute Motor weist eine Bohrung und einen Hub von jeweils 70 mm auf, was rechnerisch etwa 269 ccm ergibt. Das automatisch arbeitende Einlassventil („Schnüffelventil“) befindet sich oberhalb des Auslassventils. Die Reifen sind 2 Zoll stark bei einem Durchmesser von 24 Zoll bzw. 60 cm. Das 2-PS-Modell war ab Frühjahr 1907 erhältlich.
Für die Motordreiräder, bekannt als „Magnet-Seitenwagen-Selbstfahrer“, wurde ein Doppel-Übersetzungs-Wechselgetriebe entwickelt, das direkt mit der Reibungskupplung verbunden ist. Diese Konstruktion ermöglicht das Bewältigen größerer Steigungen. Auch die auf der Kieler Motorboot-Ausstellung ausgestellten Magnet-Einzylindermotoren in den Ausführungen 3 bis 3 ¼ PS und die Zweizylindermotoren von 4 ½ bis 5 PS erfreuten sich sowohl von Seiten der Marinebehörden als auch von Seiten der Privatleute besonderen Interesses, da sie durch ihre übersichtliche und einfache Anordnung sowie geringe Raumbeanspruchung besonders für den Gebrauch von Hafenmotorbooten, Beibooten und zum Einbau als Hilfsmotore für kleine Jachten vorzüglich geeignet sind.
Das Unternehmen konnte beachtliche Erfolge bei den großen Bahnrennen in Berlin-Steglitz am 30. Juni 1907 verzeichnen. In insgesamt fünf Rennen erreichte es drei erste Plätze, einen zweiten, zwei dritte sowie einen vierten Platz. Im 50-Kilometer-Rennen belegte das Team mit der 3 ½ Magnet-Maschine die Ränge eins und zwei. Beim Stundenrennen für Rennmaschinen aller Klassen gingen zwei serienmäßige 5-PS-Magnet-Motorräder mit Rennriemenscheiben an den Start. Hinter den als besonders leistungsstark geltenden Maschinen von Retienne (auf Progress) und Oberländer (auf Mars), die zu jener Zeit als die schnellsten Deutschlands angesehen wurden, erzielten die Magnet-Motorräder mit einer Stundenleistung von 86 bzw. 85 km die dritte und vierte Platzierung. Die gleichmäßige Laufleistung der Magnet-Maschinen fand besondere Beachtung. Darüber hinaus errang man am selben Tag bei der Zuverlässigkeitsfahrt Breslau-Oppeln-Breslau den ersten Preis. Weitere Auszeichnungen erhielt Magnet unter anderem bei den Wettbewerben „Rund um Berlin“, „Rund um Rotenburg (Wümme)“ und „Durch Schlesiens Berge“.
Auf der Berliner Automobil-Ausstellung im Dezember 1907 präsentierte die Firma neben Motorrädern, dem Motor-Gepäckrad und Seitenwagen-Selbstfahrern auch dreirädrige Modelle mit luftgekühltem Einzylindermotor sowie vierrädrige Varianten mit wassergekühltem 5-PS-Zweizylindermotor. Ergänzt wurde das Angebot durch Stationärmotoren, Bootsmotoren sowie Licht- und Pumpenanlagen.
Im Mai 1908 erzielten Magnet-Motorräder mehrere bedeutende Erfolge. Am 31. Mai gewann die Marke beim DMV-Bahnrennen in Hannover mit einer Zweizylinder-Maschine den ersten Preis im 10-Kilometer-Rennen für Motoren aller Klassen. Darüber hinaus erreichte Magnet den dritten Platz im 2-PS-Rennen sowie den vierten Platz im Stundenrennen mit einer neuen 4-PS-Einzylindermaschine. Zeitgleich belegte Magnet in Darmstadt den ersten Platz im 10-Kilometer-Rennen und in Halle an der Saale den zweiten Platz im 20-Kilometer-Rennen, jeweils mit einer 3 ½-PS-Einzylindermaschine.
Bei den internationalen Motorradrennen am 21. Juni in Leipzig überzeugten Magnet-Motorräder durch ihre Betriebssicherheit. Die Fahrer errangen unter anderem den ersten Platz im 10-Kilometer-Rennen bis 3 ½ PS mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 80 km/h. Im 25-Kilometer-Rennen bis 5 ½ PS erreichten sie den zweiten Platz, während im 1-Kilometer-Rekordfahren mit einer 5 ½-PS-Maschine der fünfte Rang gegen stärkere Konkurrenz erzielt wurde. Das Stundenrennen beendete Magnet mit der neuen 4-PS-Maschine auf dem vierten Platz.
Am 28. Juni verbuchte Magnet in Berlin-Steglitz beim Bahnrennen des Deutschen Radfahrer-Bundes weitere Erfolge: Herr Oskar Schubert aus Berlin gewann das Rennen für Straßenmotore bis 4 PS; der zweite Platz ging ebenfalls an ein Magnet-Fahrzeug. Bei der Zuverlässigkeitsfahrt am selben Tag in Halle-Naumburg siegte eine 3 ½-PS-Magnet.
Im Westen Deutschlands waren Magnet-Motorräder ebenso erfolgreich vertreten. Bei der Eifelfahrt 1908 erzielte Gustav Vossen aus Aachen mit einer 3 ½-PS-Magnet in der Bergprüfung der Klasse bis 3 ½ PS den ersten Preis unter 67 Teilnehmern. In der Gesamtwertung belegten Gustav Vossen, Leo Smekens und Alexander Roderburg die Plätze vier, fünf und sieben. Zudem starteten Josef Kollub, Josef Wilde und J. Engels auf Magnet-Maschinen bei weiteren Wettbewerben.
Bei der Veranstaltung „Durch Schlesiens Berge“ am 9. August 1908 errangen die Privatfahrer Hielscher und Joseph auf ihren 3 ½ PS Magnet-Motorrädern den ersten sowie den zweiten Platz in einem Wettbewerbsfeld mit starker Konkurrenz. Eine Woche später, beim Wettbewerb „Rund um Berlin“ traten Josef Willsch, Bodo Koerner und Paul Schuberth mit Magnet-Dreirädern sowie Wilhelm Hillges und Max Dietz mit Magnet-Motorrädern an. Willsch sicherte sich dabei den dritten Platz in seiner Klasse. Das im September 1908 stattgefundene „Internationales Motorrad-Bahnrennen“ auf der Speckenbütteler Bahn bei Bremerhaven konnte der Fahrer Müller auf Magnet im internationalen Stundenrennen mit dem zweiten Platz abschließen. Im gleichen Monat erreichte B. Körner mit einem Magnet Seitenwagen-Selbstfahrer in der Wertungsfahrt für kleine Motorwagen in Belzig den zweiten Platz in der Klasse der Cyclonetten. Es beendeten allerdings nur zwei Fahrzeugen dieser Klasse das Rennen. Bei den Motorrädern belegte G. Riegner auf einem Magnet-Tandem den dritten Platz, A. Müller erreichte den fünften Platz und W. Tietz konnte noch den achten Platz erzielen.
Die neuen Motortypen der Saison 1909 wurden bereits gegen Ende des Vorjahres bei Zuverlässigkeitsfahrten und auf Rennstrecken getestet, sie zeigten dabei ihre Leistungsfähigkeit. Es sind Einzylindermotoren mit 4 bis 5 PS erhältlich, die eine Bohrung von 90 mm und einen Hub von 82 mm aufweisen, was einem Hubraum von etwa 521 ccm entspricht. Die Zweizylindervarianten erreichen Motorleistungen von 6 bis 7 PS und verfügen über eine Bohrung von 76 mm sowie einen Zylinderhub von 90 mm, womit ein Gesamthubraum von etwa 816 ccm realisiert wird. Zusätzlich wurden Ausführungen mit 26-Zoll-Rädern angeboten, während bisher überwiegend 24-Zoll-Räder verwendet wurden. Das leichte Motorrad mit 2 PS bleibt hinsichtlich seiner Bauweise unverändert. Die Seitenwagen-Selbstfahrer wurden zusätzlich mit einer zweisitzigen Karosserie angeboten. Das Lenksystem wurde bei diesen Fahrzeugen auf eine stoßfreie Handradsteuerung umgestellt.
Im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfungsfahrt des Deutschen Radfahrer-Bundes am 6. Juni 1909 in Brandenburg erreichte J. Willsch auf einer 3 ½ PS Magnet den ersten Platz in der Motorradklasse. Einen Monat später, bei der Wertungsfahrt für kleine Automobile in Belzig belegte Körner in der Klasse Wagen mit drei Rädern den dritten Rang. Bei den Motorrädern mit Beiwagen erzielte Ludwig auf Magnet den ersten Platz; Heinrich Müller erreichte in der Motorradklasse den zweiten Platz.
Die stationären Magnet-Motoren sind in Gewerbebetrieben, der Landwirtschaft sowie in der Kleinindustrie etabliert und werden in unterschiedlichen Leistungsklassen – vom Einzylindermotor mit 3 ½ PS bis zum Zweizylindermotor mit 12 PS – angeboten. Sie eignen sich für vielfältige Einsatzbereiche beispielsweise für Dreschmaschinen, Schrotmühlen, Tischlereien, Stellmachereien, Fleischereien und Pumpantriebe.
Die Saison 1910 zeigte folgende Magnet-Modelle in den Firmenprospekten:
- leichte Tourenmaschine mit 2 ¼ PS, Bohrung und Hub jeweils 70 mm, ca. 269 ccm Hubraum, erhältlich auch in verstärkter Ausführung.
- Tourenmaschinen mit Einzylindermotoren in den Stärken 3 ¼ PS, 3 ½ PS, 4 bis 5 PS und mit Zweizylindern mit 5 PS Leistung. Die Einzylindermodelle waren wahlweise mit federnder Vorderrad-Gabel erhältlich.
- Magnet-Motorrad mit Beiwagen als sogenannter Selbstfahrer in den Stärken von 3 ¼ PS und 4-5 PS in Einzylinderausführung. Als Zweizylinderausführung war der starke 6-7 PS Motor eingebaut.
Für noch mehr Fahrkomfort versuchte man sich 1911 an einer innovativen Hinterradfederung für die beiden kleinen Motorradtypen. Hierfür kam am schwenkbar gelagerten Rahmenhinterbau ein kombiniertes Federungssystem aus Blatt- und Schraubenfeder zum Einsatz, das als Patent angemeldet wurde. Auch die Seitenwagen-Selbstfahrer wurden mit einer zusätzlichen Federung nach dem Vorbild des Automobilbaus ausgestattet; hierbei fand eine horizontal angeordnete Blattfeder auf Höhe der Vorderachse Verwendung. Die Seitenwagenkarosserie orientierte sich zunehmend am Automobilbau, indem die Verkleidung rund um die Sitzbank umfassend ausgebaut und eine Windschutzscheibe integriert wurde. Ab 1912 standen zudem Bootsmotoren in Ausführungen mit vier Zylindern und bis zu 24 PS Leistung in den Verkaufsofferten.
Magnet Motorräder überzeugten bei den Berliner Olympia-Rennen 1912 mit ersten, zweiten und dritten Preisen. Auch bei den Kaiser-Manövern kamen zahlreiche Magnet-Motorräder zum Einsatz – ein klares Zeichen für ihre Zuverlässigkeit und Leistung.
Im Jahr 1913 wurde das Selbstfahrer-Modell weiterentwickelt; der Beiwagen erhielt zwei Sitzreihen und bot damit Platz für bis zu drei Personen. Gleichzeitig erfolgte eine Modernisierung des 3 ½ PS Modells: Das Fahrgestell wurde angepasst und am Vorderrad eine Parallelogramm-Federgabel mit seitlich angeordneten Spiralfedern installiert. Die bisher verwendete Abreiß-Zündung wurde durch eine Bosch-Kerzen-Zündung ersetzt.
Bis kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurden Magnet-Bootsmotoren, Magnet-Motorräder sowie Magnet-Selbstfahrer angeboten. Im September desselben Jahres erfolgte über Zeitungsanzeigen noch die Suche nach Konstruktionstechnikern, was auf einen möglichen Einstieg in den Automobilbau hinweist. Aufgrund des Ersten Weltkrieges konnte dieses Vorhaben jedoch nicht mehr umgesetzt werden.
Unmittelbar nach Kriegsbeginn wurden die Fertigungskapazitäten, wie Fräs- und Dreharbeiten, unter anderem für den Bedarf des Heeres zur Verfügung gestellt. Öffentlich angeboten wurden ausschließlich Vierzylindermotoren mit einer Leistung von 20 bis 30 PS, die für Licht-Erzeugungsanlagen, Boote und Lastkraftwagen verwendet werden konnten. Nicht mehr benötigte Maschinen wurden verkauft oder durch neue Modelle ersetzt. Eine größere Investition im Jahr 1917 bedurfte allerdings der Genehmigung durch die Generalversammlung, da hierfür eine Kapitalerhöhung notwendig war.
Eine notwendige Produktionsumstellung kann als ein Grund für die Umfirmierung des Unternehmens am 20. August 1915 in eine Aktiengesellschaft gesehen werden. Das Unternehmen trug fortan den Namen „Magnet Motoren Aktiengesellschaft“. Der Unternehmenszweck umfasste nun den Verkauf und die Herstellung von Motoren, Motorfahrzeugen sowie Lieferungen für das Heer. Ziel war es offenbar, Produkte des Unternehmens an das Militär verkaufen zu können. Als Vorstand der AG wurde Direktor Robert Hein bestellt. Zu den Gründern der neuen Gesellschaft zählten der Mechaniker Gustav Borchert sen. aus Stettin, der Kaufmann Willy Ernst aus Finkenwalde und die Stettiner Kaufleute Gustav Werth, Carl Spierling und Johannes Diebel. Die bisherige „Motoren Fabrik Magnet GmbH“ wurde im September 1915 durch Gesellschafterbeschluss aufgelöst.
In den ersten Jahren nach dem Ersten Weltkrieg konzentrierte sich die Produktion im Wesentlichen auf die Fertigung von Zwei- und Vierzylindermotoren für Boote und teilweise auch für Automobile, die unter anderem auf der „Deutschen Automobil-Ausstellung“ 1921 sowie der „Motorboot-Ausstellung“ 1922 präsentiert wurden. Das Unternehmen verfolgte jedoch das Ziel, erneut in Fahrzeugproduktion einzutreten. In einem Bericht des Vorstands zur Generalversammlung im März 1923 wird über das abgelaufene Geschäftsjahr entsprechend berichtet: „… Die Motoren-Fabrikation wurde in ihrer Leistungsfähigkeit ausgebaut und erhöht trotz erschwerter Fabrikationsverhältnisse und fanden unsere erprobten Bootsmotore auch weiterhin guten Absatz. Es wurde besonderes Gewicht darauf gelegt, die Einrichtungen für eine Serienfabrikation der Zwei- und Vier-Zylindermotore luft- und wassergekühlt noch weiter zu vervollkommnen. Die Vorarbeiten für den serienweisen Dreirad-Wagenbau wurden erheblich gefördert und werden die Auswirkungen dieser Arbeiten dem Geschäftsjahre 1923 zugute kommen. Die mehrjährigen Erprobungen der Musterkonstruktionen des Dreirad-Wagens berechtigen zu der Erwartung, daß derselbe allen technischen Anforderungen sowie auch dem Geschmacke der Zeit entsprechen wird…“. An der Entwicklung des Fahrzeugs war auch der Ingenieur Vasile Sfetescu beteiligt, der zuvor bei der Cyklon Maschinenfabrik mbH an der Konstruktion des Cyklon-Gepäckdreirads sowie vermutlich an der Konzeption der Cyclonette mitgewirkt hatte. Beide Fahrzeugmodelle zeichneten sich durch eine Motoranordnung oberhalb des Vorderrads aus, ein Konzept, das ebenfalls beim Magnet-Dreirad-Wagen Anwendung fand. Das als Zwei- bis Dreisitzer ausgelegte Dreirad war mit einem Vierzylindermotor ausgestattet, der eine Leistung von 4/10 PS bei einem Hubraum von etwa 1038 ccm (Bohrung: 62 mm, Hub: 86 mm) erreichte. Die Motorkühlung erfolgte mit Unterstützung eines Thermo-Syphon-Systems sowie eines Ventilators. Als Vergaser kam ein Produkt der Firma Pallas zum Einsatz, die Zündung erfolgte mittels Bosch-Magnet. Darüber hinaus verfügte das Fahrzeug über einen firmeneigenen Anlasser. Das Getriebe bot drei Vorwärtsgänge und einen Rückwärtsgang und war nach Angaben des Unternehmens über eine Kardanwelle mit dem Motor verbunden. Die Höchstgeschwindigkeit wurde mit rund 70 km/h angegeben. Zur Berliner Automobil-Ausstellung im Herbst 1923 wurden jeweils Typen vierrädriger und dreirädriger Kleinwagen präsentiert, die große Anerkennung fanden. Der Messeauftritt erzielte nach Firmenangaben beachtenswerte Erfolge; dies galt in gleicher Weise für die präsentierten Bootsmotoren.
Ende 1925 wurde der 5/20 PS Magnet-Wagen eingeführt, ausgestattet mit einem wassergekühlten Vierzylindermotor. Die Hand- und Fußbremsen wirken jeweils direkt auf beide Hinterräder. An der Vorderachse kommt eine weiche Querblattfederung zum Einsatz. Das Fahrzeug verfügt über Linkssteuerung und ist mit Niederdruckbereifung ausgerüstet. Als offener Viersitzer beträgt das Gewicht des Wagens 690 Kilogramm. Trotz dieser Merkmale konnte sich das Modell am Markt nicht in größerem Umfang durchsetzen.
Zum Jahr 1925 liest man im Firmenbericht: „Das Geschäft ließ sich zunächst gut an. Die Umsätze der ersten sechs Monate des Geschäftsjahres übertrafen in den Bootsmotoren die des Vorjahres beträchtlich. Auch in Kraftwagen war der Auftragseingang ein guter. Die Gesellschaft konnte leider erst im Mai mit der eigentlichen Wagenfabrikation beginnen, da sie von verschiedenen Unterlieferanten für Rohmaterialien in Stich gelassen worden war. So konnten die Lieferungen erst von August ab erfolgen. Bei dem Absatz der Wagen machte sich dann die stark abflauende Konjunktur trotz energischer Bemühungen durch Reklame, Reisen usw. störend bemerkbar. Auch das zunächst so gute Geschäft in Bootsmotoren wurde durch die Absatzkrise in der zweiten Hälfte des Jahres ungünstig beeinflusst. Infolge der kostspieligen Einrichtung der Wagenfabrikation und der Absatzstockung in den letzten sechs Monaten des Jahres 1925 wurden die Erwartungen, die an das Geschäftsjahr geknüpft waren, stark enttäuscht.“
Einen bedeutenden Auftrag aus Südamerika zur Lieferung seiner Magnetmotoren erhielt das Unternehmen im Frühjahr 1926, wodurch die Fabrik für einen längeren Zeitraum ausgelastet war. Die Fahrzeugproduktion wurde im Laufe des Jahres 1926 aufgegeben. Im Geschäftsbericht der Aktiengesellschaft steht hierzu: „Die Wagenfabrikation hat in ihrer Durchführung bei der Aufgabe dieses Geschäftszweiges größere Verluste gebracht als angenommen war und hat dieser Kapitalverlust den weiteren Nachteil gehabt, daß die Fabrikation von Motoren für Boots- und industrielle Zwecke nicht in genügenden Serien betrieben werden konnte und ebenso die Neukonstruktion einer schnelllaufenden Type unterbleiben mußte. Nach Abwicklung der Wagenfabrikation und Abstoßung der restlichen Wagenbestände im Laufe des Jahres 1927 sind nunmehr entsprechende Aufwendungen erforderlich, um das Versäumte nachzuholen.“ So modernisiert man in der folgenden Zeit die verschiedenen Motorentypen für Boots- und Industriezwecke. Die Aktiengesellschaft ist noch mindestens bis ins Jahr 1932 als Unternehmen tätig und wird im April 1933 aus dem Handelsregister ausgetragen.
Der langjährige Vorstand der Aktiengesellschaft, Robert Hein, gründet zum 1. November 1932 mit einem weiteren Gesellschafter die „Motoren-Fabrik Magnet GmbH“. Diese Gesellschaft verfolgte denselben Unternehmenszweck wie die vorherige „Magnet Motoren AG“: die Herstellung und den Vertrieb von Explosionsmotoren für stationäre Anwendungen und Boote. Zum Geschäftsführer wurde Direktor Richard Heinrich aus Stettin bestellt. Im Frühjahr 1940 übernahm der Berliner Kaufmann Erich Ernst Theis die Leitung des Unternehmens und benannte es in „Magnet Motorenfabrik Theis GmbH“ um.
Zusätzliche Bemerkungen:
- Die gute Qualität und Zuverlässigkeit der Antriebe nutzen auch die Gebrüder Lassnack aus München in den 1920er Jahren bei einem Motorradmodell, welches sie auf Basis eines Magnet-Einzylinder-Motorrades herstellten.
(Zusammengestellt von: Helmut Kraus. Oktober 2025)
Quellen:
(1) Berliner Tageblatt, 1905-1917, 1921-1924
(2) Handelsregister Berlin, 1924
(3) Sächsische Rad- und Motorfahrer-Zeitung, 1905-1909
(4) Deutscher Motorradfahrer, 1905
(5) Leipziger Tageblatt, 1905-1906
(6) Deutscher Reichsanzeiger, 1905-1917, 1933, 1940-1941
(7) Berliner Bösen-Zeitung, 1905, 1915, 1921-1928
(8) Hamburger Fremdenblatt, 1906-1916, 1926
(9) Leipziger Tageblatt, 1906
(10) Österreichische Fahrrad- und Automobilzeitung, 1907-1912
(11) Echo der Gegenwart, 1908-1913
(12) Bielefelder General-Anzeiger, 1907-1908
(13) General Anzeiger für Halle, 1909
(14) Der Motorfahrer, 1911, 1924
(15) Deutsche allgemeine Zeitung, 1925
(16) Kleinauto und Kraftrad, 1925
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