Wegro
Informationen zum Hersteller
„VIS“ Gesellschaft für Kleinfahrzeuge mbH (Vertrieb)
Berlin NW7, Dorotheenstr. 35
Grote-Motoren-Gesellschaft mbH
Berlin, Wilhelmstr. 29 (12. Januar 1923 – 15. August 1923)
Berlin-Adlershof, Rudower Chaussee 8a (1923)
Motorengesellschaft Berlin-Adlershof AG
Berlin-Adlershof, Rudower Chaussee 8a (15. August 1923 – November 1925)
Das Wegro-Kraftrad für den Verkehr über Land und für größere Strecken wird 1922 im Heft 1 der Zeitschrift „Klein-MotorSport“ beschrieben. Bei dem ab Ende 1921 erhältlichen Modell wurde großer Wert auf einfache Bedienung und schnelle Auswechselbarkeit von stark beanspruchten Teilen gelegt. Der stabile Wiegen-Rohrrahmen ist ausgiebig abgefedert, wobei der Sattel mit den Fußbrettern verbunden in einem abgefederten Hilfsrahmen hängt. Die Vorder- und Hinterräder sind durch Lösen einer Mutter und durch Entfernen eines einzigen Bolzens schnell auswechselbar.
Der 5/7 PS-Zweizylinder-Zweitaktmotor mit 60 mm Bohrung und 80 mm Hub des Arbeitszylinders ist modern mit einem zusätzlichen Hilfskolben konstruiert. Der Hilfskolben erzeugt eine Überkompression des Verbrennungsmediums. Das Ausspülen des verbrauchten Gasgemisches erfolgt mit Frischluft, während die Gasladung über ein Ventil in den Verdichtungsraum des Kompressionszylinders angesaugt wird und der Hilfskolben diese anschließend verdichtete Verbrennungsluft dem Arbeitszylinder im geeigneten Moment zusetzt und es dort zur Entzündung gebracht wird. Die Frischluftzufuhr der Verbrennungsluft im Arbeitszylinder wird durch einen Drehschieber über das Kurbelgehäuse eingesaugt. Die reichliche Verwendung von Aluminium an den beteiligten Bauteilen bedeutet erhebliche Gewichtsersparnis und gleichzeitig, infolge des beträchtlichen Wärmeleitvermögens, auch eine gleichmäßige Wärmeverteilung. Dem Brennstoff wird kein Öl beigemischt, sondern bei jedem Hub wird durch die in das Kurbelgehäuse eintretende Frischluft ein kleines Quantum Öl fein zerstäubt und nachfolgend in den Kurbeltrieb geblasen, wodurch sämtliche innenliegenden Teile geschmiert werden. Unmittelbar am Motorgehäuse ist das mit drei Gängen versehene, vollkommen im Ölbad laufende Getriebe angebaut.
Der Antrieb vom Getriebe auf das Hinterrad erfolgt durch Kette, welche über eine Lamellenkupplung läuft. Zwei unabhängige auf das Hinterrad wirkende Bandbremsen, die von den Fußbrettern aus betätigt werden, sind vorgesehen. Die Durchschnittsgeschwindigkeit wird mit 60 km/h angegeben, die Höchstgeschwindigkeit mit 85 bis 90 km/h.
Nach Werbeprospekt des „Wegro“-Kraftrads ist dies eine Konstruktion von Weise und Grote. Oberingenieur Edward Grote und Betriebsingenieur Paul H. Weise, beide um 1922 wohnhaft in Leipzig, hatten jeweils ihre Wohnadresse am Nordplatz 1 in der zweiten Etage. Edward Grote war in Zusammenarbeit mit der Schweizer „Quaero Aktiengesellschaft, Studiengesellschaft für Wärmetechnik und Motorenbau“ und gemeinsam mit Paul Weise der Erfinder dieser interessanten Motorenbauweise, die in Teilen patentrechtlich geschützt war.
Der Vertrieb des Motorrades sollte durch die Berliner „VIS Gesellschaft für Kleinfahrzeuge mbH“ erfolgen. Diese hatte ihren Sitz in der Dorotheenstraße 35 in Berlin NW. Auch in München wurden Werbeanzeigen der dort ansässigen „VIS Aktiengesellschaft für Fahrzeug- und Motorenbau“ geschaltet. In Köln, bzw. in Bonn werden die „Wegro“-Motorräder von der Fahrzeughandlung „ROVA“ angeboten.
Durch die aufwändige Konstruktion mit Hilfskolben und Einlassventil war die Herstellung des Motors allerdings teurer als ein konventioneller Zweitaktmotor, was sicherlich ein wesentlicher Nachteil im Verkauf gewesen sein dürfte. Zudem war der Motor noch nicht ausgereift und hatte wahrscheinlich noch einige Schwächen, was die Zuverlässigkeit in der Praxis beeinträchtigte. So war im Jahre 1923 schon keine weitere Information zum Wegro-Kraftrad aufzufinden.
Edward Grote gründete allerdings am 12. Januar 1923 zusammen mit dem Kaufmann Emil Grote in Berlin-Adlershof die „Grote-Motoren-Gesellschaft mbH“, die als Unternehmenszweck unter anderem die Herstellung und den Vertrieb von Verbrennungsmotoren, Kleinmotoren, Motorrädern wie auch deren Neukonstruktionen beschrieb. Als Einlage auf das Stammkapital wird von den beiden oben genannten Gesellschaftern eine 2,5 PS Einzylinder-Modellmaschine eines von der Gesellschaft zu fabrizierenden Motorrades eingebracht. Die weiteren Gesellschafter Vantoch und Neumann steuern ihre Büroeinrichtung nebst Inventar und Mobiliar in den Räumen Wilhelmstraße 29 bei. Offeriert wird weiterhin das von Wegro bekannte Zweizylindermodell als „G-Z“-Kraftrad, das nun mit einem 7/9 PS Petroleum-Zweizylinder-Zweitaktmotor beworben wird. Alternativ dazu konnte man auch einen 3,5 PS Einzylinder-Petroleum-Motor eingebaut bekommen. Am 15. August 1923 wird die GmbH umfirmiert in die „Motorengesellschaft Berlin-Adlershof Aktiengesellschaft“, die bis etwa November 1925 bestand, dann aber wohl durch Aktionärsbeschluss und anschließender Liquidation der Gesellschaft aufgelöst wird.
(Zusammengestellt von: Helmut Kraus. März 2025)
Quellen:
(1) Adressbuch Leipzig, 1922
(2) Klein-MotorSport, 1922, Heft 1
(3) Illustrierte Motorzeitung, 1922
(4) Berliner Börsen-Zeitung, 1923
(5) Handelsregister Berlin, 1925, 1927
(6) Deutscher Reichsanzeiger, 1925
(7) General-Anzeiger, 1921
(8) Bonner Zeitung, 1921
(9) Sport im Bild, 1923
Zurück zur Herstellerliste.