EBS
Informationen zum Hersteller
Berliner Motoren-, Maschinen- und Werkzeug-Fabrik
Ernst Bauermeister & Söhne
Berlin-Baumschulenweg, Behringstraße 50-56 (September 1922 – ca. 1931)
Max Wiedeck leitete in Berlin die Firma „Deutsche Maschinen- und Werkzeugfabrik GmbH“, welche im März 1912 durch Umbenennung seiner vorherigen, 1910 gegründeten „Maschinenfabrik Max Wiedeck GmbH“ entstand. Der Unternehmer war erfinderisch und reichte einige Patente zu Verbrennungsmotoren ein, insbesondere zu Außenbordmotoren.
Wiedeck wirkte etwa ab Januar des Jahres 1915 außerdem, zusammen mit Ingenieur Ernst Bauermeister, als Geschäftsführer in der neu gegründeten offenen Handelsgesellschaft „Berliner Motoren-, Maschinen- und Werkzeug-Fabrik Wiedeck & Bauermeister“. Im Juni des gleichen Jahres wird diese Gesellschaft aufgelöst und Ernst Bauermeister übernimmt die Firma als alleiniger Inhaber. Den bisherigen Firmensitz in der Koppenstraße 27 verlegt Bauermeister im Januar 1916 nach Berlin-Treptow in die Kiefholzstraße 19/20.
Nachdem Ernst Bauermeister seine Söhne im September 1922 als Mitgesellschafter in das Unternehmen aufnimmt wird die Firma umbenannt in „Berliner Motoren-, Maschinen- und Werkzeug-Fabrik Ernst Bauermeister & Söhne“. Vertreten wird die Gesellschaft durch Ernst Bauermeister sen. allein. Die Söhne, der Ingenieur Ernst Bauermeister jun. und der Kaufmann Werner Bauermeister, sind nur gemeinsam vertretungsberechtigt. Um 1919 zog man in die neu errichteten Fabrikräume in der Behringstraße in Berlin-Treptow, Baumschulenweg.
Man begann dort mit der Entwicklung von motorbetriebenen Fahrzeugen. So gab es erste Motorräder, die unter der Marke „Bauermeister“ bei bekannten nationalen Rennen in Erscheinung traten. Im Juni 1923 belegte der Fahrer Bauer mit einer „Bauermeister“ beim DMV-Motorradrennen auf der Berliner Avus den dritten Platz in der Hubraumklasse bis 200 ccm. Einen Monat später war die Marke „Bauermeister“ ebenfalls in der Nennungsliste zum Wanderpreis von Deutschland in Swinemünde aufgeführt.
Gefahren wurde in beiden Rennen vermutlich mit einem Kleinkraftrad, das einen eigenen seitengesteuerten Viertaktmotor verbaut hatte. Ausgelegt war der Motor mit einem Hubvolumen von ca. 200 ccm, was 0,74 Steuer-PS entspricht und an der Bremse ca. 1,75 bis 2 PS leistete. Das Zweirad konnte somit zu dieser Zeit noch steuerfrei und führerscheinfrei gefahren werden. Eingebaut war das Antriebsaggregat in einem unten geschlossenen Rohrrahmen, der zur Federung des Vorderrades eine Kurzschwinge, bzw. eine Pendelgabel verwendete. Das Hinterrad wurde über einen Keilriemen angetrieben und gebremst wurde mittels einer Lamellenbremse per Fußbetätigung. Das Zweirad wog ca. 42 kg.
In den Rennen des folgenden Jahres startet man mit dem neu entwickelten „Sport-Modell 24“, welches in den Werbeanzeigen als „hervorragender Bergsteiger“ charakterisiert wurde. Die Maschine war ebenfalls mit einem E.B.S.-Viertakt-Motor ausgerüstet. Dieser hatte oben gesteuerte Ventile, 60 mm Bohrung und 69,2 mm Hub, was einer Steuerleistung von 0,74 PS entspricht. An der Bremse leistete er ca. 3,5 PS, wobei die Mehrleistung gegenüber dem Vorgängermodell insbesondere durch die günstige Gestaltung des Verbrennungsraumes und der Gasführungen erzielt wurde. Für eine bessere Kühlleistung verwendete man einen Zylinder aus Aluminium, in dem eine Stahl-Laufbuchse eingezogen wurde. Ferner war ein Zweiganggetriebe mit Kupplung aus eigener Herstellung eingebaut. Das Fahrgestell bestand aus einem robusten Hauptrohrrahmen, der zusätzlich Doppelrohrschlaufen im unteren Rahmenverlauf aufwies. Die Federung des Vorderrades erfolgte durch Einsatz einer Pendelgabel, die eine horizontal am Steuerkopf angeordnete Blattfeder besaß. Mit einem solchen Modell siegte Gustav Flick aus Berlin-Johannisthal im Mai 1924 beim Stuttgarter Solitude-Rennen in der Klasse bis 200 ccm Hubraum. Dort wurde die Marke als „EBS“ bezeichnet. Einen Monat später erreichte Flick in der gleichen Hubraumklasse der Deutschen Motorrad Straßenmeisterschaft in Schleiz den vierten Platz. Das Inselsbergrennen im August 1924 brachte Flick den zweiten Platz. Dieses „Sport-Modell“ wurde auch in einer „Berufs- und Sport-Rad“-Ausführung angeboten, bei der ein Vorgelege-Getriebe ohne Kickstarter verwendet wurde.
Der 200 ccm EBS-ohv-Motor wurde auch von der Münchener Motorradmarke „Husar“ in ihrem Modell von 1924 verwendet.
Gegen Ende des Jahres 1925 folgte eine stärkere Motorradausführung mit 250 ccm Hubraum. Auch deren Motor war mit oben gesteuerten Ventilen ausgeführt, die zum Schutz gekapselt waren. Der Aluminium-Zylinder mit Stahlbuchse war hier mit einer Bohrung von 65 mm ausgelegt und der Kolbenhub betrug 75 mm, so dass bei 0,95 Steuer-PS eine Leistung an der Bremse von etwa 7 PS erreicht werden konnte.
Die Fahrzeugproduktion bei EBS in der Behringstraße war aber nicht immer unproblematisch. So berichtete die Zeitung „Harburger Anzeigen und Nachrichten“ im August 1925 von einer gerichtlichen Auseinandersetzung: „Eine interessante Rechtsfrage wurde kürzlich zum zweiten Male vor dem Amtsgericht Neukölln zur Entscheidung gebracht. In Berlin-Baumschulenweg betreibt die Firma E.B. & S. jetzt eine Kraftmotorräder-Fabrik. 1917 wurde derselben im Ortsteil die Errichtung eines zweistöckigen Fabrikgebäudes unter der ausdrücklichen Bedingung gestattet, daß damit keinerlei Störung der Ruhe oder Belästigung für die nahewohnenden Ortsansässigen verbunden sein dürfe. Anfänglich erfüllte die Firma die Vereinbarung des ruhelosen Betriebes. Nach einigen Jahren wurde jedoch der Betrieb auf die Erzeugung von Motorkrafträder umgestellt und nahm die Firma zum Einfahren und Ausprobieren derselben die Straßen des Ortes zum größten Verdruß der Bewohner oft von morgens bis abends lebhaft in Anspruch. Das laute Knattern, das oft ständige Hin- und Herfahren, vielfach mit geöffneten Auspuffklappen, der damit verbundene Gestank erregte in allen so befahrenen, meist schmalen Straßen größten Unwillen und Unzufriedenheit. Beschwerden seitens der Ortsbewohner waren Jahre hindurch erfolglos. Da die Firma es als ihr gutes und selbstverständliches Recht ansah – weil ihre Höfe für den Zweck nicht ausreichten - die Straßen für das Einfahren und für Lehrübungen in Anspruch zu nehmen. Auf mehrfache erneute Beschwerden an den Polizeipräsidenten erging dann im September vergangenen Jahres eine Verfügung an die in Frage stehende Firma, worin es u.a. heißt: ‚Ich weise besonders darauf hin, daß nach § 3 der Verordnung über Kraftfahrzeuge vom 15.3.23 nur mit solchen Rädern pp. Probefahrten unternommen werden dürfen, die vollständig in Stand gesetzt sind, und daß jedes unnötige Geräusch und sonstige Störungen unterbleiben.‘ Diese Verfügung hatte nicht den Erfolg, den die Bewohner in der Nähe der Fabrik erhofften. Es ergingen weitere Beschwerden mit dem Resultat, daß der Fabrikinhaber am 4. Februar 1925 zu 20 Mk. oder 2 Tage Gefängnis bestraft wurde. – Nachdem auch hiernach keine Verminderung der ruhestörenden Fahrerei besonders in der Zufahrtsstraße (Behringstraße), wohl aber an vielen Tagen ein ewiges Hin- und Herfahren ergab, wurde auf Grund neuerlicher Beschwerde wiederum Klage wegen ruhestörenden Lärms erhoben. Die ruhestörende Belästigung wurde durch nur teilweise Zeugenvernehmung als vollständig erwiesen erachtet und vom Staatsanwalt die erhöhte Bestrafung von 150 Mk. oder 15 Tagen Gefängnis beantragt. Trotz längerer Rede des Verteidigers des Angeklagten stellte sich der Einzelrichter auf den gleichen Standpunkt und verurteilte dementsprechend den Angeklagten Ernst Bauermeister Senior wie beantragt.“
Zu den genannten Motorrädern kamen auch Motordreiräder in das Angebotsprogramm. Zunächst war dies 1925 ein Lastendreirad mit eingebautem steuerfreien 200 ccm EBS-ohv-Viertaktmotor, der in einem aus Preßstahl gefertigten Rahmen Platz fand. Die Motorleistung von 3,5 PS, kombiniert mit einem Zweigang-Getriebe, ermöglichten eine Geschwindigkeit von ca. 45 km/h bei einer Zuladung von etwa 4 Zentnern. Gebremst wurde mit zwei Hinterradbremsen. Erwerben konnte man dieses Modell „LR 200“ für 1600.- Mark.
In der Saison 1926 ergänzten zwei weitere Lastenrad-Ausführungen das Programm. Neben der steuerfreien Version wurden nun auch Antriebsaggregate mit Hubräumen von 250 ccm mit 7 PS (Modell „LR 250“) und 350 ccm mit 12 PS (Modell „LR 350“) verbaut. Bei den zwei größeren Dreirädern erfolgte der Antrieb auf die Hinterräder über eine Kardanwelle. Zudem verwendete man in beiden Versionen ein Dreigang-Getriebe. Für das große Lastendreirad war auch ein Anhänger erhältlich, so dass damit in Summe Lasten bis 12 Zentner transportiert werden konnten. Eine Personenkarosserie für zwei Passagiere war als Alternative zum Lastenaufbau des Dreirades wählbar. Gegen Ende des Jahres 1926 präsentierte man eine Motor-Dreirad-Droschke, die Elemente des Automobils mit denen des Motorrades vereinte. Angetrieben wurde das Fahrzeug durch einen 750 ccm Zweizylinder-Viertaktmotor mit seitengesteuerten Ventilen, der 18 PS leistete. Die Fahrgastkabine bot zwei Personen bequem nebeneinander Platz. Ein Dach und eine verstellbare Windschutzscheibe schützten außerdem den Fahrer in wirksamer Weise.
Die Entwicklungsabteilung des Unternehmens kehrte im Lauf des Jahres 1926 zurück auf günstigere und technisch einfacher ausgeführte seitengesteuerte Motoren. So entstand bei den Motorrädern das Einheitsmodell „400“ mit einem Einzylinder-Viertaktmotor, der mit abnehmbarem Zylinderkopf ausgestattet war und eine außenliegende Schwungscheibe montiert hatte. Bei 72 mm Bohrung und 96 mm Hub und somit entsprechend 1,5 Steuer-PS, leistete er 12 PS an der Bremse. In dem sehr stabilen Doppelrohrrahmen, welcher der Maschine ein gefälliges Aussehen verlieh, hing auch das Hurth-Dreiganggetriebe, welches durch eine gut gekapselte Rollenkette angetrieben wurde. Verwendet werden die bekannten und bewährten Tiger-Vorderradgabeln, aber auch Standard-Gabeln aus München. Auf Wunsch konnte man ab etwa 1928 auch eine etwas stärkere Ausführung mit 500 ccm Hubraum und ca. 15 PS bestellen.
Da der Antrieb des Lieferdreirads „LR 350“ mit dem neuen 400er Motor ersetzt wurde, änderte sich somit auch dessen Bezeichnung auf „LR 400“.
Durch Verdoppelung der Zylinder in V-Anordnung entstand 1928 das „Modell 800“, die „Maschine für den verwöhntesten Fahrer“. Das konstruktive Konzept und die Ausstattung dieses Modells waren im Wesentlichen identisch mit denen der kleineren Maschinen. Auf der Belziger Dauer-Prüfungsfahrt bewies es seine Zuverlässigkeit.
Mit den überarbeiteten Motorradausführungen beteiligten sich im April 1928 Werner Bauermeister und Ernst Bauermeister bei der Brandenburgischen Dauerprüfungsfahrt in der Hubraumklasse bis 500 ccm und wurden beide als strafpunktfreie Fahrer geehrt. Im Juli 1928 fand man die seitengesteuerten EBS-Tourenmaschinen bei der Deutschen Motorrad-Sechstagefahrt. Der Motorenschlosser Fritz Puttins aus Berlin erreichte hier auf einem 400er EBS-Modell in der Klasse bis 500 ccm Hubraum mit nur 39 Strafpunkten den vierten Platz. Sein Markenkollege Alwin Kammer, Inhaber einer Motorrad- und Radiohandlung in Berlin, fuhr wegen Versagens der Beleuchtung mit einer Taschenlampe als Ersatz, stürzte, wurde bewusstlos aufgefunden und kam mit einer Gehirnerschütterung ins Krankenhaus.
Für die interessierte Kundschaft mietete man in der Wallstraße 76, Nähe Spittelmarkt, einen Ausstellungsraum zur Präsentation der Fahrzeuge. Hier konnte auch die neueste und kleinste Ausführung besichtigt werden: Das steuer- und führerscheinfreie „Modell 200“ war mit Zweitakt- oder Viertaktmotor lieferbar. Die Zweitakt-Ausführung besaß den in Deutschland vielfach eingebauten 5,5 PS Motor Typ „MK I-E“ des englischen Herstellers Villiers. Das Modell erhielt in der späten Version einen modernen Satteltank. Zur Viertakt-Ausführung liegen leider keine detaillierten technischen Angaben vor. Es könnte sich hierbei aber um einen englischen 200 ccm Blackburne-Motor gehandelt haben, da die Firma Ernst Bauermeister zur gleichen Zeit einen Versuchswagen mit einem ebensolchen Motor für den Konstrukteur Engelbert Zaschka herstellte. Dieses Zaschka-Faltauto war halb Motorrad, halb Kleinauto, das man mit wenigen Handgriffen auseinanderbauen konnte, so dass sich die drei Einzelteile platzsparend in Korridoren, Läden oder Kellern verstauen ließen. Der Wagen war aber kein Erfolg.
Um 1930 endete die Produktion der EBS-Fahrzeuge. Vermutlich waren die Absatzzahlen während der Weltwirtschaftskrise rapide zurückgegangen und so musste wohl aus finanziellen Gründen das Firmenareal in der Behringstraße verkauft werden. Erworben wurde die Immobilie von der Firma „Krone & Co.“, welche elektrische Apparate herstellte. Ernst Bauermeister konnte als Mieter die Gebäude aber weiterhin nutzen.
Im Juni 1931 wird die Gesellschaft „Berliner Motoren-, Maschinen- und Werkzeug-Fabrik Ernst Bauermeister & Söhne“ aufgelöst und Ernst Bauermeister Senior wird alleiniger Inhaber der Firma. Vermutlich wurde die Firma kurze Zeit später liquidiert, denn im September 1931 übernimmt Ernst Bauermeister Senior als Geschäftsführer die 1926 gegründete Firma „Autobereitschaft GmbH“, ein Unternehmen welches Kraftdroschken betrieb und Kraftwagen vermietete. Er benennt diese um in „‘E. B. S.‘ E. Bauermeister & Co. GmbH“. Gegenstand des Unternehmens ist der Bau von Kraftfahrzeugen und Motoren, Reparaturen und Handel mit Ersatzteilen und Betriebsstoffen sowie der Betrieb von Kraftfahrzeugen. Im Juli 1936 geht die Geschäftsführertätigkeit über auf seine Frau Elise Bauermeister, geb. Hilger.
Seine Söhne übernehmen im April 1934 die Firma „Dukat & Schulz Motorfahrzeuge GmbH“. Friedrich Dukat scheidet als Geschäftsführer aus. Der Firmensitz wird in den Ortsteil Berlin-Baumschulenweg verlegt und die Firma in „‘Favorit‘ Seitenwagen- und Fahrzeugbau GmbH“ umbenannt. Gegenstand des Unternehmens ist fortan die Herstellung von Motorfahrzeugen und Seitenwagen sowie der Handel mit Motorfahrzeugen.
(Zusammengestellt von: Helmut Kraus. November 2024)
Quellen:
(1) Adressbuch Berlin, 1910-1932
(2) Deutscher Reichsanzeiger, 1912-1913, 1915-1916, 1922, 1931, 1936
(3) Berliner Börsen Zeitung, 1915, 1928, 1930
(4) Berliner Tageblatt, 1915-1916, 1923, 1928
(5) Echo der Gegenwart, 1923
(6) Hannoverscher Kurier, 1924, 1928
(7) Harburger Anzeigen und Nachrichten, 1925
(8) Deutsche Allgemeine Zeitung, 1925
(9) Der Motorfahrer, 1926
(10) Hamburgischer Correspondent, 1926
(11) Motor und Sport, 1927
(12) Vorwärts, 1929
(13) Das Motorrad, 1929
(14) Wiener Sporttagblatt, 1928
(15) Württemberger Zeitung, 1928
(16) Kölnische Zeitung, 1928
(17) Duisburger General-Anzeiger, 1928
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