Favorit
Informationen zum Hersteller
"Favorit", Seitenwagen- und Fahrzeugbau GmbH
Berlin-Baumschulenweg, Bodelschwinghstraße 22-24 (1934 – bis ca. 1938)
Berlin-Adlershof, Roonstraße 5-7 (1939 - 1943)
In Berlin betreibt der Ingenieur Ernst Bauermeister zusammen mit seinen beiden Söhnen die Firma „Berliner Motoren-, Maschinen- und Werkzeug-Fabrik Ernst Bauermeister & Söhne“, welche unter der Marke „EBS“ Motorräder und Lastdreiräder produziert. Nachdem sich die Firma im Juni 1931 als Gesellschaft aufgelöst hatte, führt Ernst Bauermeister das Unternehmen als alleiniger Inhaber weiter.
Dessen Söhne, der Kaufmann Werner Bauermeister und der Ingenieur Ernst Bauermeister jr., übernehmen zum 06. April 1934 die Firma „Dukat & Schulz Motorfahrzeuge GmbH“. Der bisherige Inhaber Friedrich Dukat scheidet als Geschäftsführer aus. Zudem wird der Firmensitz in den Ortsteil Berlin-Baumschulenweg verlegt und die Firma in „‘Favorit‘ Seitenwagen- und Fahrzeugbau GmbH“ umbenannt. Gegenstand des Unternehmens ist fortan die Herstellung von Motorfahrzeugen und Seitenwagen sowie der Handel mit Motorfahrzeugen.
Als Seitenwagen wurden verschiedene Modelle angeboten, die ein Fahrgestell mit Zentralrohr-Chassis verwendeten und zumeist mit einem gefedertem Seitenwagenrad konzipiert waren. Die Seitenwagenkarosserie war hierbei aus Stahlblech gefertigt. Folgende Typen wurden im Laufe der Geschäftstätigkeit offeriert:
Type Sport 200 mit starrer Achse, für 185-198.- RM
Type Sport 350 für Motorräder von 200-1200 ccm, 260-280.- RM
Type TS (Touren-Sport) für Motorräder bis 1200 ccm, 315-335.- RM
Type TSG (Touren-Sport) wie Type TS, mit verschließbarem Gepäckraum, 320-325.- RM
Type BS (Bugatti-Sport) für Motorräder bis 1200 ccm, 320-360.- RM
Type SB (Sport-Bugatti) für Motorräder von 200-1200 ccm, 285-300.- RM
Das Unternehmen hatte sich zudem entschlossen in die Motorradfabrikation einzusteigen. Auf der Berliner Ausstellung 1935 zeigte man in diesem Zuge eine große Zweizylinder-Reisemaschine mit gekapselten Antriebsketten, bei der es sich im Grunde genommen um zwei seitengesteuerte Einzylindermotore in V-Anordnung mit gemeinsamer Kurbelwelle handelte. Beide Zylinder besaßen ihren eigenen Vergaser, eigene Nockenwelle, Unterbrecher und Zündspule. Es ist eine 1000 ccm Maschine, die mit einem Verkaufspreis von 1395.- RM veranschlagt wurde und bereits 1934 in den Preislisten erschien. Der Rahmen wurde als extra starke Ausführung konstruiert und durch eine Trapezgabel mit eingebautem Stoß- und Steuerungsdämpfer ergänzt. Eine Besonderheit war auch das verwendete Hurth-Getriebe, das drei Vorwärtsgänge und einen Rückwärtsgang aufwies. Als Höchstgeschwindigkeit wurden 125 km/h angegeben. Die Maschine wurde vermutlich nur bis ins Frühjahr 1935 angeboten. Mit einem solchen Motorradgespann nahmen die beiden Brüder Bauermeister angeblich bei der Fahrt „2000 km durch Deutschland“ im Jahr 1934 teil.
Zur Berliner Internationalen Automobil- und Motorrad-Ausstellung im Februar 1935 stellt das Unternehmen ebenfalls fünf Maschinen ihres kleinen 100 ccm Einzylinder-Typs „F 100“, bzw. „Type F S“ vor. Als Motor wird in diesem Modell der 98 ccm Sachs-Zweitaktmotor mit 2,5 PS Leitung eingebaut. Das Fahrgestell besteht aus einem Rohrrahmen mit hartgelöteten Muffen. Eine Tigergabel, als Rohr- oder später auch als Preßstahlgabel ausgeführt, übernimmt die Aufgabe der Vorderradfederung. Bei ca. 58 kg Fahrzeuggewicht erreicht man mit dem Leichtmotorrad eine Maximalgeschwindigkeit von etwa 60 km/h. Erwerben konnte man eine solche Maschine in roter oder grauer Lackierung für 330.- RM.
Ausführungsvarianten waren alternativ die Versionen als Motor-Herrenfahrrad „Type F I“, mit 100 ccm Jlo-Motor, für 325.- RM. Bei den weiteren Varianten als Motor-Damenfahrrad konnte man zwischen der „Type D I“, mit 100 ccm Jlo Motor, und der „Type D S“, mit 98 ccm Sachs-Motor wählen. Beide Damenmodelle waren zu einem jeweiligen Verkaufspreis von 327.- RM erhältlich.
Im weiteren Verlauf war das Leichtmotorrad gegen Aufpreis auch mit einem 118 ccm Motor der Marke Jlo verfügbar. Die Firma Favorit stellte diese Ausführung mit 3,3 PS Leistung auf der Internationalen Automobilausstellung 1937 und 1939 aus. An diesem Modell war keine Tretkurbel mehr vorgesehen, stattdessen wurde das Zweirad mit normalen Fußrasten ausgestattet. Zur Vorderradfederung wird auch hier eine Tiger-Preßstahlgabel mit Zentralfeder eingesetzt. Man erreicht mit dieser Ausführung eine Geschwindigkeit von ca. 70 km/h. Erhältlich war das Motorrad in schwarzer, roter oder grauer Lackierung.
Nachdem die damalige Regierung im März 1939 technische Ausführungsbestimmungen für die künftige Gestaltung der Fahrzeugproduktion inklusive einer Typenbeschränkung erlassen hatte, durften nur noch ausgewählte Hersteller ihre Fahrzeugmodelle in eingegrenzten Fahrzeugklassen anbieten. Die Firma Favorit erhielt in diesem Zuge die Genehmigung nurmehr Krafträder mit einem Hubraum von 125 ccm zu erzeugen. Dieses neue Modell verfügte über einen Doppelrohrrahmen und eine Preßstahl-Vorderradgabel. Der verbaute Doppelport-Zweitaktmotor der Jlo-Type MG125 verfügte über einen abnehmbaren Leitmetallzylinderkopf.
Neben diesem Motorradmodell durfte die Firma Einheitsanhänger und Spezialanhänger herstellen.
Vermutlich wurde mit Kriegsbeginn die zivile Produktion eingestellt. Die Firma existierte wahrscheinlich aber noch bis etwa 1943.
In den zwanziger Jahren existierte in Berlin die Firma „Fahrrad-Einbau Motoren-Gesellschaft Schroff & Arnold“ in der Luisenstraße 25, welche kleine Motoren der Marke "Favorit" für den Einbau in Leichtmotorrädern anbot. Ebenfalls waren „Favorit“-Schaltgetriebe für Kraftwagen und Motorpflüge bei einer Firma „Favorit“ in Berlin-Neukölln erhältlich. Beide Firmen hatten aber keinerlei Verbindung zum oben beschriebenen Seitenwagen- und Motorradhersteller.
(Zusammengestellt von: Helmut Kraus. März 2025)
Quellen:
(1) Adressbuch Berlin, 1934-1939, 1943
(2) Deutscher Reichsanzeiger, 1934, 1939
(3) Dortmunder Zeitung, 1935, 1937
(4) Das Motorrad, 1935
(5) NKZ, 1937
(6) Die Glocke, 1938
(7) Hannoverscher Kurier, 1939
(8) Neue Mannheimer Zeitung, 1939
(9) Nationale Rundschau, 1939
(10) Die Voss, 1923
(11) Kleinauto und Kraftrad, 1925
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