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Scharrer & Gross

Informationen zum Hersteller

 

Maschinen- und Motorenfabrik Scharrer & Groß

Nürnberg, Forsthofstraße 25                                                (ca. 1906 – 1923)

Nürnberg, Grenzstraße 13                                               (1923 - 1930)

 

Ihren Ursprung hatte die Firma „Scharrer & Gross“ in dem in Nürnberg im Jahr 1864 als Maschinenfabrik gegründeten Unternehmen „Scharrer & Comp.“. Teilhaber dieser Firma waren Georg Jakob Karl Scharrer, A. Knöchel und Ingenieur Oskar Groß. In der firmeneigenen „Permanenten Maschinen-Ausstellung“, anfangs in der Regensburgerstraße 195, später dann in der Bahnhofstraße 21, werden Waschmaschinen, Schneidemaschinen, Kirschentsteiner, Küchenwaagen, Kaffeeröstmaschinen, Kaffee- und Gewürzmühlen und andere hauswirtschaftliche Geräte angeboten. Als eigene Fabrikationsprodukte stehen im Jahre 1873 auch Dampfmaschinen, Lokomobile, Dreschmaschinen, Futterschneidmaschinen und ähnliche landwirtschaftliche und gewerbliche Geräte in den Werbeanzeigen. Um 1874 wirken anscheinend nur noch zwei der ursprünglich drei Teilhaber in der Firma, aufgrund dessen das Unternehmen sich in „Scharrer & Groß“ umbenennt. Später wirbt man für seine Dampfmaschinen mit der Geschäftsbezeichnung als Maschinenfabrik, Eisengießerei und Kesselschmiede.

Im Zeitraum um 1885 übernimmt der Kaufmann und spätere Kommerzienrat, Friedrich Grötsch die Firma. Der Firmensitz wechselt an den Bleiweishof 264 und circa 1903 in die Forsthofstraße 25. Um 1906 wird der Firmenname geändert in „Scharrer & Groß, Maschinen- und Motorenfabrik“, was einen Hinweis darauf gibt, dass man sich vermehrt der Herstellung von Motoren annimmt. Als dann 1918 der Firmeninhaber stirbt, übernimmt seine Witwe Elise Grötsch das Geschäft. Ab dem 01. Oktober 1919 wird die Firma von Diplomingenieur Georg Grötsch und dem Kaufmann Wilhelm Grötsch, beide aus Nürnberg, als offene Handelsgesellschaft weiterbetrieben.

Im Jahr 1923 zog das Unternehmen in die Nürnberger Grenzstraße 13 und dort wurden dann die ersten Motorradeinbaumotoren mit 350 ccm Hubraum entwickelt und von der Bamberger Firma „Hamakraft“ in ihrem 1924 entstandenen Viertaktmodell „Hexe“ und vom Motorradhersteller „Hecker“ aus Nürnberg, in zwei Modellen verwendet. Bei Hecker waren dies das seitengesteuerte Tourenmodell „H II T“ und das ohv-Sportmodell „H II S“. 

Beide Einbaumotoren hatten sichtbare Konstruktionsanleihen der bekannten englischen AJS-Motoren aus dieser Zeit. Die Zylinderbohrung betrug 70 mm, der Hub war mit 90 mm und der Hubraum mit 346 ccm angegeben. Das oben gesteuerte Sportmodell hatte einen halbkugelförmigen Verbrennungsraum mit schräg hängenden Ventilen, die durch Stoßstangen angesteuert wurden. Zudem wurden neben den normalen Ventilfedern besondere Rückholfedern eingebaut, die für zeitgerechtes Schließen der Ventile auch bei hohen Drehzahlen sorgen sollten. Hecker hatte mit diesen Motoren im Jahr 1924 rund 60 erste und zahlreiche zweite und dritte Preise bei bekannten Rennen und Zuverlässigkeitsfahrten erzielen können. Die Firma Hecker verbaute in ihren Modellen Dreigang-Getriebe mit Korkscheibenkupplung und Kickstarter, die ebenfalls von Scharrer & Groß gefertigt wurden.

Für das Frühjahr 1925 kündigte Scharrer & Groß die neue Konstruktion eines 500 ccm Motors an. Dieser wird wieder in einer seitengesteuerten wie auch in einer kopfgesteuerten Version ausgeführt. Beide Versionen hatten eine automatische Ölpumpe montiert und verwendeten kräftig dimensionierte Zahnräder für den Antrieb des Zündapparates. Die zunächst geplante obenliegende Nockenwelle beim kopfgesteuerten Motor musste aber doch einer einfacheren ohv-Ausführung weichen. Die Einbaumotoren und Getriebe waren ebenfalls zur Verwendung in Kleinautos geeignet. So ist es verständlich, dass Scharrer & Groß diese in ihre ab ca. 1926 angebotenen „Velox“-Transportdreiräder eingebaut hatten. Es gab Ausführungen dieser Fahrzeuge mit 350er und 500er sv-Motoren, die für Lasten von bis zu 10 Zentner geeignet waren. Später kam noch ein Modell mit dem 600er sv-Motor dazu. Auch hier waren die eigenen Dreigang-Getriebe im Einsatz. Präsentiert wurden diese Lastdreiräder auf der „Deutschen Automobilausstellung“ 1926 in Berlin.

Bisher bestand die Produktpalette des Unternehmens aus kompressorlosen Dieselmotoren, Dieselschlepper, Benzinmotoren und Motorradmotoren und -getrieben. Da der bisherige Kunde Hecker ab 1926 auf englische JAP-Einbaumotoren umschwenkte und die Firma Hamakraft keine Motorräder mehr produzierte, entschied sich die Firma Scharrer & Groß eigene Motorräder herzustellen. Die neuen, selbstkonstruierten Motorräder kamen mit den weiterentwickelten Halblitermotoren um ca. 1927 als Modelle mit den Bezeichnungen „Touren S“ und „Sport K“ auf den Markt und wurden bis 1930 in verschiedenen Ausführungen gebaut. Das Angebot wurde 1928 ergänzt durch zusätzliche Motorradmodelle mit neuen sv- und ohv-Motorvarianten in Größen von 350 ccm und 600 ccm Hubrauminhalt. 

Der Leipziger Motorradhersteller DIAG verwendete diese neuen 350er Motorausführungen auch in seinen Modellen „Type IX“ als seitengesteuerte Version und in der „Type X“ als oben gesteuerte Variante.

Um auch im Segment der steuer- und führerscheinfreien Motorräder etwas anbieten zu können, wurde vom englischen Hersteller Villiers ein 200 ccm Zweitaktmotor mit ca. 5,5 PS Leistung inklusive der hierfür passenden Villiers Schwungradmagnetzündung eingekauft. Das daraus entstandene Motorrad wird 1928 in einer Touren- und einer Sportausführung offeriert. Das Fahrgestell für dieses Modell war als geschlossener Rohrrahmen konstruiert und hatte eine Gabel der Münchener Firma Standard verbaut. Die Kraftübertragung auf das Hinterrad erfolgte über ein Sturmey-Archer Dreigang-Getriebe. Während das Tourenmodell einen Auspuffsammler vor dem Motor hatte, war das Sportmodell mit zwei separaten Auspuffrohren mit Spezialschalldämpfer ausgestattet. Bei ca. 80 kg Eigengewicht konnte das Sportmodell eine Geschwindigkeit von ca. 85 km/h erreichen. Im gleichen Jahr erscheint noch ein Sportmodell mit einem 172 ccm Villiers-Zweitaktmotor und einem Sturmey Archer Dreigang-Getriebe.

Finanziell wurde es im Verlauf des Jahres 1929 angespannter. Die Firma stellt am 17. Juli 1929 beim Amtsgericht Nürnberg Antrag auf ein Vergleichsverfahren zur Abwendung des Konkurses, welches am 03. September vom Gericht durch beendigten Zwangsvergleich aufgehoben wurde. Dies half allerdings der Firma nicht allzu lange, da einige Monate später, am 16. Mai 1930, das Konkursverfahren über das Vermögen der „Maschinen- und Motorenfabrik Scharrer & Groß“ eröffnet wurde.

 

(Zusammengestellt von: Helmut Kraus. September 2024)

Quellen:

(1)   Scharrer & Groß Preisliste 1929

(2)   Schwäbischer Merkur, 1867, 1873

(3)   Adressbuch Nürnberg, 1867, 1873, 1875, 1887, 1904, 1906

(4)   Bayerisches Gewerbeblatt, 1895

(5)   Deutscher Reichsanzeiger, 1918, 1920, 1929, 1930

(6)   Klein-Auto und Kraftrad, 1925

(7)   Deutsche Allgemeine Zeitung, 1928

(8)   Der Motorfahrer (Ö), 1926

(9)   Handelsadressbuch Bayern, 1926

(10) Archiv Mathieu

(11) Motor und Sport, 1928


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