Rambola
Informationen zum Hersteller
Gebr. Rammel, elektrotechnische Fabrik
Gollierstraße 49, München
1924
Rambola, Fabrikations- und Vertriebsgemeinschaft
Rückertstraße 5, München - (Vertrieb)
Gollierstraße 49, München - (Fabrikation)
1924-1925
Am 21.07.1924 wird in der Münchener Ausstellungsarena unter dem Markennamen „Rambola“ das “erste” Elektro-Motorrad vorgestellt. Für die Vorführung auf der dortigen Radrennbahn konnte man den bekannten Radrennfahrer und Flieger Ing. Bruno Büchner gewinnen. Die “Münchner neueste Nachrichten” wissen an diesem Tag zu berichten, dass die geräusch- und geruchslose Maschine von der Firma „Gebrüder Rammel“ aus München zum Reichspatent angemeldet wurde.
Es gab schon früher Versuche anderer Konstrukteure den Elektromotor als Antriebsart im Zweiradbau zu nutzen. Den Gebrüdern Rammel scheint es jedoch gelungen zu sein, wesentliche Problemstellungen zu lösen und ein serienfähiges Modell zu präsentieren.
Die verbaute Akkumulatorenbatterie reicht für eine Reichweite von 100 km. Sie besitzt 12 Zellen mit einer Spannung von 24 Volt und einer Kapazität von 80 Amperestunden. Getragen wird diese Batterie in einem verkleideten Stahlrohr-Spezialrahmen, in dem auch der Elektromotor, ein Volt- und Amperemeter, verschiedene Hebelschalter, Abzweigdosen und Leitungen eingebaut sind. Pedale und sonstige Startvorrichtungen entfallen. Der Akkumulator sitzt inmitten des Rahmens, seitlich davon sind die Fußbretter angebracht. Das Zweirad ist mit einem elektrischem Schweinwerfer ausgestattet, der vom Akkumulator versorgt wird.
Der 24 Volt Elektromotor ist unterhalb des Sattels angebracht und treibt das Hinterrad mittels Kette an. Er leistet an der Bremse 1,1 PS. Wenige Wochen später sprechen die vorliegenden Quellen von 1,5 / 3 PS. Mit seinen 0,7 PS nach Steuerformel ist das Rad steuerfrei.
Die leichte Bedienung erfolgt über einen an der rechten Außenseite angebrachten Hebel. Dieser ermöglicht die Anfahrt und regelt die drei Geschwindigkeiten. Die Höchstgeschwindigkeit wird mit 40 km/h angegeben. Verzögert wird das Motorrad über zwei Bremsnaben, die per Hand bzw. Fuß aktiviert werden. Dabei sorgt ein Unterbrecher dafür, dass bei Betätigung der Fußbremse der Motor ausgeschaltet wird. Geladen wird durch Einklemmen von Drähten am Schaltbrett. Mittels Umformer kann dieser Ladeanschluss an jeder Lampe oder über Stecker erfolgen.
Der Stromaufwand/Verbrauch für eine Ladung, für die 5 Stunden einzurechnen sind, wird anfangs mit 3 kWh angegeben. Somit betragen die geringen Betriebskosten bei einem Aktionsradius von 100 km etwa 0,57 Mark. Auch hier werden die Angaben zeitnah auf 4 kWh und 0,76 Mark angepasst.
Für das Fahrzeug gewährt man eine Garantie von einem Jahr, die Lieferzeit beträgt 10 Tage. Als Gewicht werden 154 kg (ohne Ausrüstung) angegeben. Damals kam das 170 ccm DKW-Getriebe-Motorrad auf 70 kg, das 250 ccm Einzylinder-Getriebemodell von NSU auf ca. 75 kg und eine 350 ccm Ardie auf etwa 100 kg. Offeriert wird das neue Fahrzeug im November 1924 für 1300 Goldmark, die Ladevorrichtung kostet weitere 100 Goldmark.
In einem hauseigenen Werbeschreiben weist die Firma auf einen besonderen Erfolg am Burgberg in Nürnberg hin. Eine Rambola konnte mit Sozius diese 21,5% Steigung bezwingen, selbst einer 11 PS starken Mars ist dies nicht gelungen. Sie musste sich hier der deutlich leistungsärmeren Rambola geschlagen geben.
Ausgestellt wird die Rambola auf der Wiener Frühjahrsmesse 1925. Zu dieser Zeit firmiert man unter der Bezeichnung “Rambola, Fabrikations- und Vertriebsgemeinschaft“. Im Juli 1925 ist das Kraftrad auf der Deutschen Verkehrsausstellung in München zu sehen. Neben Mabeco-Rädern testet die bayerische Post die Rambola im Zustelldienst.
Nach diesen Recherchen ist es die letzte offizielle Erwähnung des Elektromotorrades, somit dürfte die Herstellung nur wenige Monate nach der ersten Vorstellung bereits Mitte 1925 beendet worden sein. Unabhängig hiervon dürften die Produktionszahlen sehr begrenzt gewesen sein. Auf dem Gebrauchtmarkt findet sich lediglich im Jahr 1930 eine Anzeige in München sowie 1931 eine Anzeige in Österreich.
Anmerkung: Im Jahre 1928 erscheinen zwei Verkaufsanzeigen für ein Rambola Motorrad mit 500 ccm Motosacoche Motor. Unklar bleibt, ob es sich um ein weiteres Modell handelt oder ob der Elektroantrieb vom Besitzer durch einen MAG Motor ersetzt wurde.
Interessant sind die damaligen Pressestimmen, die viele Parallelen zur heutigen E-Auto-Diskussion aufweisen. Daher möchte ich hier einige zitieren:
Kurt Hanfland in “Das Motorrad und seine Konstruktion” von 1925:
“Während der Motorfahrer, wo immer er auch hinkommt, seinen Betriebsstoff ergänzen kann, wird der Fahrer mit einem elektrisch angetriebenen Rade zumal auf Touren mit der Erneuerung seiner Akkumulatoren erhebliche Schwierigkeiten haben. Es ist jedoch nicht zu verkennen, dass der elektrische Antrieb auch viel für sich hat. So ist z.B. ein langwieriges Anwerfen des Motors nicht notwendig.
Räder mit elektrischem Antrieb können nur dann in Betracht kommen, wenn die verschiedenen Fragen einschneidender Bedeutung gelöst sind. Hierher gehört die Herabminderung der Akkumulatorengewichte sowie vor allen Dingen die Schaffung einer leichten und einfachen Lademöglichkeit resp. die Möglichkeit, die Akkumulatoren jederzeit auswechseln zu können. Beim Stadtbetriebe ließe es sich sehr wohl denken, dass eine eigens dazu eingerichtete Zentrale gebildet ist, die sich die Erneuerung der Akkumulatoren zur Aufgabe macht. Ein derartiges Unternehmen würde sich natürlich nur rentieren, wenn Räder mit elektrischem Antriebe in großem Maßstabe eingeführt werden würde.
… Es ist schwer verständlich, wie elektrische Energie für diese Zwecke verwendbar gemacht werden soll, vor allen Dingen, da sich diese Ziele durch Verbrennungskraftmaschinen leichter und zweckmäßiger erreichen lassen. Die Konstruktion fordert eine sehr schwere Batterie; Aktionsradius und Geschwindigkeit sind außerordentlich begrenzt, und wird vor allen Dingen das Gewicht so groß, dass eine außerordentliche Unhandlichkeit mit elektrisch betriebenen Fahrzeugen verbunden ist.“
Kritische Anmerkung der “Österreichischen Nähmaschinen-Zeitung" 1924:
“Es ist gewiß gut und zu begrüßen, daß versucht wird, elektrische Kraft für den Antrieb von zweirädrigen Fahrzeugen zu verwenden; die Hauptfrage ist nur, ob die Neukonstruktion einen wirklichen Fortschritt gegenüber dem Explosionsmotor darstellt, und da dürften in mehrfacher Beziehung Zweifel auftreten. Denn erstens ist anzunehmen, daß das Eigengewicht des kompletten Fahrzeuges höher ist als ein mit gleicher Motorkraft ausgerüstetes Fahrzeug mit Explosionsmotor, wie eine zwölfzellige Akkumulatorenbatterie und 1 PS Elektromotor mindestens das dreifache Gewicht eines 0,75 PS Explosionsmotors hat. Zweitens muß der Rahmen, um dieses Mehrgewicht aufzunehmen, entsprechend konstruiert sein. Drittens ist der Umstand, daß durch die fortwährenden Erschütterungen während der Fahrt sehr leicht Säure aus der Batterie austritt und ein Verbrennen der Kleider des Fahrers durch dieselbe beinahe unvermeidlich macht, zu berücksichtigen. Viertens ist der Aktionsradius, selbst wenn derselbe im günstigsten Fall 100 km beträgt, immerhin beschränkt. ..... Was einem für das Elektro-Fahrzeug einnimmt, ist der geräuschlose Betrieb, der hauptsächlich innerhalb geschlossener Orte besonders wohltuend wirkt.”
Ein Werbeprospekt des österreichischen Generalvertreters Hans Geister nimmt diese Einwände auf und bezieht wie folgt Stellung:
„Eine Beschädigung der Batterie, oder ein Ausrinnen der Säure ist auch bei Sturz unmöglich.
Das verhältnismäßig große Gewicht des Rades gewährleistet auch auf schlechtem Pflaster ein ruhiges Fahren, während durch die Verlegung des Schwerpunktes der Maschine in deren unteren Teil, sowie durch die Anordnung einer Aufhängefederung eine große Stabilität erzielt wurde, die auch beim momentanen Stehenbleiben nur ein Minimum an Kraftanstrengung zur Erhaltung des Gleichgewichts erfordert.“
(Zusammengestellt von: Frank Grüneboom, Dezember 2024)
Quellen:
Aachener Anzeiger 1924
Das Motorrad und seine Konstruktion – Curt Hanfland 1925 – 2. Auflage
Illustrierte Motorzeitung 1924 1925
Kleinauto und Kraftrad 1925
Münchner neueste Nachrichten 1924,1925
Österreichische Auto und Motorradzeitung 1924
Österreichische Auto-Rundschau 1925
Österreichische Nähmaschinen- und Fahrrad-Zeitung 1924
Rambola Firmenprospekt und Händlerschreiben 1924
Rambola Werbeprospekt - Österreich
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