Phantom
Informationen zum Hersteller
Phantom-Motoren-Fabrik Egen & Auders
Berlin-Neukölln, Bergstraße 34 (Oktober 1921 – Januar 1924)
Phantom-Motoren-Fabrik Gebr. Henke & Bittner
Berlin-Neukölln, Bergstraße34 (Januar 1924 – Juni 1932)
Fritz Egen und Eugen Auders führten vor ihrem Einstieg in die Motorradbranche die chemische Fabrik „Egen & Auders“. Dort produzierten sie markenrechtlich geschützte Erzeugnisse wie das Parkett-Bohnerwachs „Eabohn“ sowie die Schuhcreme „Ealit“. Ein Werbeslogan dazu lautete: „Gleich wie die Sonne am Zenith, glänzt auch Dein Schuh mit ‚Ealit‘“. Gegen Ende des Jahres 1921 stellten sie allerdings die Herstellung dieser Produkte ein.
Denn bereits im Jahr 1921 befasste sich das Unternehmen mit der Entwicklung mechanischer Geräte, darunter Handpumpen. Im Zuge des zunehmenden Interesses an motorisierten Zweirädern entschied man sich, einen seitengesteuerten Viertakt-Einbaumotor unter dem Markennamen „Phantom“ zu entwickeln, der offenbar auf positive Resonanz stieß. Während dieser Entwicklung wurde ebenfalls erkannt, dass herkömmliche Fahrräder den Belastungen eines nachträglich angebauten Motors oftmals nicht gewachsen waren. Aus diesem Grund bot das Unternehmen unter dem Namen „Phantom-Stabil“ ein speziell verstärktes Fahrrad an. Der Rahmen bestand aus 1,5 mm starken Rohren, was nahezu dem Doppelten eines Standardfahrradrahmens entsprach. Der Gabelkopf des Fahrgestells wurde aus einem massiven Schmiedestück gefertigt, während Lenkstange und Speichen ebenfalls robust dimensioniert wurden. Zusätzlich bestand für Kunden die Möglichkeit ein vollständiges Leichtmotorrad zu erwerben, welches unter dem Markennamen „Phantom-Klasse“ angeboten wurde. Dieses Leichtmotorrad hatte ein Gewicht von etwa 38 kg und konnte eine Höchstgeschwindigkeit von circa 50 km/h erreichen. Als Vorderradfederung kam eine Kurzschwingengabel zum Einsatz.
Zu Beginn stand eine 1,5 PS Ausführung des Einbaumotors in den Prospekten. Der Motor mit 148,6 ccm Hubraum, bei einer Bohrung von 52 mm und einem Hub von 70 mm, erreichte an der Bremse eine Leistung von 1,2 PS. Die Komponenten Zylinder, Kolben, Pleuelstange und Motorgehäuse bestehen aus Grauguss. Für die Luftkühlung ist der Zylinder mit 15 Kühlrippen ausgestattet. Sowohl Schwungrad als auch Riemenscheibe sind linksseitig gelagert. Der vor dem Zylinder positionierte Bosch-Magnet wird über Zahnräder angetrieben. Hinter dem Zylinder befindet sich der Zefan-Vergaser. In der zweiten Jahreshälfte 1923 wurde der Motor in einer stärkeren Version angeboten. Laut Prospekt beträgt die Bohrung 58 mm bei einem Zylinderhub von 70 mm, was einem Hubraum von ungefähr 185 ccm entspricht.
Phantom-Einbaumotoren kamen unter anderem bei den Kraftfahrrädern der Marke „Ratingia“ und der Marke „WOAG“ zum Einsatz. Letztere wurde von der „Wagenbauanstalt Oldenburg AG“ gefertigt.
Aufgrund der Schwerpunktverlagerung auf die Motorenfertigung wurde der Firmenname Ende 1921 in „Phantom-Motoren-Fabrik Egen & Auders“ geändert. Das Unternehmen legte Wert auf Alltagstauglichkeit und Haltbarkeit der Produkte. Eine Ausrichtung auf sportliche Höchstleistungen war weniger ausgeprägt. Zwar wurden Phantom-Motorräder bei Veranstaltungen wie dem Berliner AVUS-Rennen im Juni 1922 genannt, sie kamen jedoch hauptsächlich bei Zuverlässigkeitsfahrten wie der ADAC-Reichsfahrt im Oktober 1922 zum Einsatz. Bei dieser Veranstaltung starteten vier Phantom-Maschinen in der Klasse der Leichtkrafträder bis 150 ccm Hubraum, unter anderem die Fahrer Henke und Bittner. Henke erreichte den fünften Platz, Bittner belegte Platz zehn. Gödelmann aus Böbingen erzielte dort mit einer Phantom-Maschine den dritten Platz in derselben Hubraumklasse.
Am 22. Januar 1924 übernimmt der Schlossermeister Georg Henke gemeinsam mit seinem Bruder Bruno und dem Geschäftspartner Paul Bittner das Unternehmen. Die Firma wird unter dem neuen Namen „Phantom-Motoren-Fabrik Gebr. Henke & Bittner“ als offene Handelsgesellschaft weitergeführt.
Unter der neuen Leitung wurde das Sortiment um ein Kraftrad erweitert, das als Type „Ph. W. 1924 2 ½ PS“ angeboten wird. Es handelt sich hierbei um eine Tourenmaschine, die für Reise- und Sportzwecke konzipiert ist. Die Produktbeschreibung hebt Zuverlässigkeit, Geschwindigkeit, Sparsamkeit und einen günstigen Preis hervor. Zur Erfüllung des Kundenwunsches nach einem leistungsstärkeren Modell wurde der Motor vergrößert und auf etwa 264 ccm Hubraum mit einer Bohrung von 65 mm und einem Hub von 80 mm angepasst. Dies entspricht einer Leistung von 1,01 Steuer-PS und einer Bremsleistung von 2,5 PS. Das Motorgehäuse besteht hier aus Aluminium. Für das Getriebe stehen Zweigang- und Dreigangvarianten zur Auswahl. Der Antrieb zum Hinterrad erfolgt über einen Keilriemen. Die Federung des Vorderrads wurde auf eine Pendelgabel umgestellt. Das bisherige 1,5 PS Leichtkraftrad wird weiterhin unter der Bezeichnung „Phantom-Klasse“ gefertigt, wahlweise mit direktem Antrieb oder einer Fichtel & Sachs-Doppelübersetzungsnabe.
Die Modelle zur Saison 1925 bestehen aus folgenden Typen:
- 0,75 St-PS / 2,25 PS, ca. 193 ccm, Bohrung 55,5, Hub 80, Zweigang-Getriebe, Riemenantrieb
- 1,01 St-PS / 2,5 - 3 PS, ca. 264 ccm, Bohrung 65, Hub 80, Dreigang-Getriebe, Riemenantrieb
Im Verlauf des Jahres 1925 wurde die Modellpalette durch einen seitengesteuerten 5-PS-Motor erweitert, der sowohl als Einbaumotor als auch in zwei Motorradvarianten angeboten wurde. Das Aggregat verfügt über 308 ccm Hubraum und eine Steuer-PS-Leistung von 1,18 sowie eine Bremsleistung von etwa 5 PS. Die beiden Motorradversionen unterscheiden sich hauptsächlich in der Rahmenkonstruktion und der Ausführung des Lenkers. Sie sind mit einem Dreiganggetriebe, Kickstarter, Leerlauf und Kupplung ausgestattet.
Im Jahr 1926 umfasst das Angebot die beiden Modelle:
- 0,75 St-PS / 2,25 PS, 193 ccm, wahlweise mit Zweigang-Getriebe
- 5 PS, 308 ccm, als Touren- oder Sportversion
Zu Beginn des Jahres 1926 führten Änderungen in der Steuergesetzgebung für Kleinkrafträder dazu, dass die Motorenfabrik den Hubraum des kleinen Modells reduzieren musste, um noch ein steuerfreies Motorrad anbieten zu können. Infolgedessen entstand das neue Modell „L.P.“ mit einem Hubraum von 182 ccm. Das 5 PS Motorrad wurde aus dem Programm genommen, stattdessen bot man vier Typen mit englischen Touren-Einbaumotoren der Marke „JAP“ an.
Das Motorrad-Angebot Ende 1927 beinhaltet folgende Typen:
- Modell L.P., 182 ccm, Phantommotor, steuerfrei, Dreigang-Getriebe, Kickstarter, Pendelgabel
- Modell L.J., 175 ccm, sv-JAP-Motor, englisches Dreigang-Getriebe, Kickstarter
- Modell M.L.J., 293 ccm, sv-JAP-Motor, Dreigang-Getriebe, Kickstarter
- Modell M.S.J, 350 ccm, sv-JAP-Motor, Dreigang-Getriebe, Kickstarter
- Modell S.J., 500 ccm, sv-JAP-Motor, Dreigang-Getriebe, Kickstarter
In sämtlichen Ausführungen kommen in der Regel ein Bosch-Magnet sowie ein Binks-Zweidüsenvergaser zum Einsatz. Modelle, die mit JAP-Motoren ausgestattet sind, verfügen zudem über Tiger-Gabeln der Firma KLM aus Köln. Ähnlichkeiten in den konstruktiven Ausführungen bestanden zu dieser Zeit mit den Motorradtypen der Marke „Württembergia“, so dass man annehmen kann, dass hier eine Zusammenarbeit zwischen beiden Firmen vorlag.
Das Angebotssortiment bleibt im Jahr 1928 unverändert, lediglich das Modell „S.J.“ wird im Laufe des Jahres durch das Modell „St.J.“ ersetzt. Dieses wird als Seitenwagenmaschine vorgestellt und ist mit einem seitengesteuerten 550 ccm JAP-Motor ausgeführt.
Am 21. Dezember 1928 wurde das Konkursverfahren über das Vermögen der offenen Handelsgesellschaft „Phantom-Motoren-Fabrik Gebr. Henke & Bittner“ eröffnet. Da keine ausreichende Konkursmasse vorhanden war, stellte man das Verfahren zum 20. November 1930 ein und die Gesellschaft wird im Juni 1932 aufgelöst und aus dem Handelsregister gestrichen. Die Motorradproduktion endete vermutlich bereits Mitte 1929. Die letztmalig in den Preislisten des Jahres 1929 verzeichneten Phantom-Modelle umfassten die folgenden drei Typen:
- Modell L.J., 200 ccm, 4,5 PS, steuerfrei, sv-JAP-Motor
- Modell M.S.J., 350 ccm, 8 PS, sv-JAP-Motor
- Modell St.J., 550 ccm, 15 PS, sv-JAP-Motor
Die Marke war auch überregional vertreten, beispielsweise 1922 in Bischofswerda durch die Fahrradhandlung von Kurt Biesold oder in Schwafheim bei Duisburg durch die Fahrzeughandlung von Hans Kolbe. Selbst in Mailand, Italien, wurden Phantom-Motorräder in unterschiedlichen Varianten über die Vertretung von Ferruccio Calamida angeboten.
(Zusammengestellt von: Helmut Kraus. September 2025)
Quellen:
(1) Berliner Tageblatt, 1919
(2) Deutscher Reichsanzeiger, 1919-1932
(3) Handelsregister Berlin, 1921-1931
(4) Adressbuch Berlin, 1922-1923
(5) Kölnische Zeitung, 1921
(6) Der Motorfahrer, 1921
(7) Curt Hanfland, Der Fahrradhilfsmotor, 1921
(8) Illustrierte Motorzeitung, 1922
(9) Der sächsische Erzähler, 1922
(10) Münchner neueste Nachrichten, 1922
(11) Hannoverscher Kurier, 1922
(12) Illustrierte Motorzeitung, 1922
(13) Stuttgarter neues Tagblatt, 1922
(14) Der Grafschafter, 1923
(15) Motor und Sport, 1925-1929
(16) Motorrad-Markt, 1927
(17) Radmarkt und Motorfahrzeugmarkt, 1928
(18) Auto-Markt, 1928
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