Norwed
Informationen zum Hersteller
„Norwed“ Nordwestdeutsches Fahrzeugwerk Willy Spahn
Hannover, Vahrenwalder Straße 50 a (Februar 1924 – August 1924)
„Norwed“ Nordwestdeutsches Fahrzeugwerk GmbH
Hannover, Vahrenwalder Straße 50 a (August 1924 – Februar 1927)
Norwed, Hermann Bauer
Braunschweig, Echternstraße 32 (ca. 1926 – ca. Februar 1933)
Braunschweig, Sonnenstraße 9 a (Laden) (ca. 1930 – ca. Februar 1938)
Norwed, Charlotte Bauer
Braunschweig, Sonnenstraße 9 a (Februar 1938 – mind. bis 1942)
Der Kaufmann Willy Spahn betrieb in Hannover in der Vahrenwalder Straße die Firma „‘Norwed‘ Nordwestdeutsches Fahrzeugwerk Willy Spahn“ als Fabrik zur Herstellung von Fahr- und Motorrädern. Ferner wurde geplant Fahrzeuge aller Art zu fertigen und diese in den Handel zu bringen. Dazu wurde die Gesellschaft im Mai 1924 in das Handelsregister eingetragen, produziert wurde aber schon vorher.
Denn bereits bei der Deutschlandfahrt im Februar 1924 sind zwei Norwed-Maschinen in der Klasse bis 350 ccm in der Nennungsliste. Die Fahrer sind die beiden Hannoveraner W. Spahn und D. Wiebking. Das dort eingesetzte Motorradmodell verwendete den neuen oben gesteuerten Kühne-Viertaktmotor mit 350 ccm Hubraum. In der Werbung wird die Maschine mit 1,35 Steuer-PS und einer Leistung von 2,75 PS angegeben, wobei die 2,75 PS wahrscheinlich noch von der alten englischen Einstufung (HP) übernommen war. Versehen war das Motorrad mit einem Dreigang-Getriebe, Kupplung, Kickstarter und einem Riemenantrieb zum Hinterrad. Die verwendete Vorderradgabel könnte eine englische Brampton Bi-Flex gewesen sein. Der Tank hatte sehr moderne Züge und anscheinend hatte man hier zwei Tankhälften jeweils seitlich am Rahmen befestigt, die einem Satteltank ähnelten. Im gesamten eine ansehnliche Konstruktion und nach Werbung: „Die Maschine für den verwöhnten Sportsmann!“. Vertrieben wurde das Zweirad von der Firma „Fahrzeugwerk ‚Nordwest‘ Hannover Paul Diekmann“.
Im Juni 1924 geht das Unternehmen „‘Norwed‘ Nordwestdeutsches Fahrzeugwerk Willy Spahn“ in die Firma „‘Norwed‘, Nordwestdeutsches Fahrzeugwerk, GmbH“ über. Der Unternehmenszweck wird von der neuen Firma weitergeführt. Geschäftsführer sind die Kaufleute Willy Spahn aus Hannover und Carl Hagedorn aus Hille, Bezirk Minden/Westfalen. Der Gesellschaftsvertrag dazu wurde am 3. Juni 1924 abgeschlossen. Dem bisherigen Vertreter Paul Diekmann, bzw. dessen Vertriebsfirma „Fahrzeugwerk ‚Nordwest‘ “ aus Hannover wird der Verkauf der Norwed-Motorräder entzogen und der Vertrieb der Fahrzeuge erfolgt nun direkt über die neu gegründete GmbH.
Willy Spahn scheidet aber zwei Monate später aus dem Unternehmen aus. Neben Carl Hagedorn aus Hannover-Kleefeld wird Frau Elisabeth Hagedorn, geb. Wethmar zusätzlich in die Geschäftsführung bestellt.
Gegen Ende des Jahres 1924 stellte die Firma auf der „Deutschen Automobil Ausstellung“ in Berlin ihre Produkte dem Publikum vor. Als neue Motorräder zeigte man folgende Typen:
- Tourenmodell (Blackburne-Motor, sv) 350 ccm, 1600.- RM
- Sportmodell (Blackburne-Motor, ohv) 350 ccm, 1700.- RM
- Tourenmodell (Blackburne-Motor, sv) 550 ccm, 1650.- RM
Alle drei Modelle besaßen eine Druid-Gabel, ein Dreigang-Getriebe der englischen Firma Moss, Fischer-Zündmagnet und Kettenantrieb zum Hinterrad. Der Tank war als Stecktank ausgeführt. Eher antiquiert waren die Felgen-Klotzbremsen in Vorder- und Hinterrad, während die mercedesrote Lackierung mit schwarzer Einlassung und gold-abgesetzten Linierungen sehr ansehnlich gewesen sein dürfte. Die drei Modelle wurden vermutlich bis ins Jahr 1926 angeboten.
Zum 09. Oktober 1925 wird das Konkursverfahren über das Vermögen der „Nordwestdeutschen Fahrzeugwerke GmbH“ eröffnet und Anfang Februar 1927 wird die Firma „‘Norwed‘ Nordwestdeutsches Fahrzeugwerk GmbH“ schließlich aus dem Handelsregister gelöscht.
Der Fahrradhändler Hermann Bauer übernimmt den Namen „Norwed“ als Marke und bietet Fahrzeuge der Motorradmarke über seine Firma in Braunschweig an. Wegen der zusätzlichen Betriebsaktivität nun auch als Kraftfahrzeughandlung und Reparaturwerkstatt zieht man vermutlich aus Platzgründen vom Petritorwall zunächst in den Bohlweg 58 um. Die Geschäftsstelle der Firma wird ab 1927 bis ca. 1933 mit der Echternstraße 32 angegeben. Zur Präsentation der Fahrzeuge und zum Verkauf erweitert man die Geschäftsräume ab ca. 1930 mit einem Laden in der Sonnenstraße. Unter der Leitung von Hermann Bauer entstehen neue Modelle mit Sturmey-Archer Motoren. In Verwendung waren vornehmlich Ausführungen mit oben gesteuerten Einzylindermotoren in den Hubraumgrößen von 350 ccm und 500 ccm. Aber auch eine Tourenausführung mit seitengesteuertem Sturmey-Archer Motor wurde hergestellt, vermutlich mit einem Hubraum von 600 ccm. Ein Motorrad mit einem eingebauten 800 ccm V-Zweizylindermotor von Sturmey-Archer mit seitengesteuerten Ventilen ist ebenfalls nachgewiesen. Die Zweiräder hatten in der Regel eine englische Brampton Vorderradgabel verbaut, in späteren Jahren wurden Standard-Gabeln aus München verwendet. Besonders auffällig war bei den Sturmey-Archer Modellen das zum Hauptauspuffrohr zusätzlich parallel verlaufende Dämpferrohr.
In den Jahren 1933 und 1934 waren dann folgende Typen in den Preislisten zu finden:
- Modell A (Zweitakt) 200 ccm für 565.- RM
- Modell B (Viertakt) 200 ccm, für 650.- RM
- Modell C (Viertakt) 250 ccm, für 770.- RM
- Modell D (Viertakt) 500 ccm, für 950.- RM
- Modell E (Viertakt) 500 ccm, für 1075.- RM
Nähere technische Angaben zu diesen Ausführungen sind leider nicht bekannt. Man kann aber annehmen, dass aufgrund der neu eingeführten Einfuhrbeschränkungen keine ausländischen Komponenten hierfür mehr verwendet werden konnten. Nach 1934 waren die Norwed-Modelle aus den Preislisten verschwunden und es ist davon auszugehen, dass keine größeren Mengen an Motorrädern nach 1933/1934 gebaut wurden. Möglicherweise nur noch in Einzelanfertigung und auch das ist fraglich.
Ab Februar 1938 übernimmt Charlotte Bauer die Geschäfte. Sie meldet einen Groß- und Einzelhandel mit Kraftfahrzeugen, Fahrrädern und Ersatzteilen sowie den Bau von Motor- und Fahrrädern als geschäftliches Gewerbe an. Der Firmensitz bleibt in der Braunschweiger Sonnenstraße 9 a.
Sportlich in Erscheinung getreten ist man bei Norwed hauptsächlich mit den frühen Kühne- und Blackburne-Modellen in den Jahren 1924 und 1925. Hier sind vor allem die Hannoveraner Fahrer Walter Gaa und W. Nitschmann zu nennen, wobei der Letztgenannte auch zeitweise den Norwed-Generalvertrieb in Hannover innehatte.
Nach dem zweiten Weltkrieg wurden noch Lieferwagen mit dem Namen „Norwed“ von Barkas und den Framo-Werken beworben. Es ist aber unklar, ob diese noch einen näheren Bezug zur letzten Firma „Norwed, Charlotte Bauer“ hatten.
(Zusammengestellt von: Helmut Kraus. September 2024)
Quellen:
(1) Hannoverscher Kurier, 1924, 1925, 1927
(2) Karlsruher Tagblatt, 1924
(3) Ohligser Anzeiger, 1924
(4) Kölnische Zeitung, 1924
(5) Deutscher Reichsanzeiger, 1924, 1938
(6) Adressbuch Hannover, 1925
(7) Adressbuch Braunschweig, 1925-1942
(8) Westfälische neueste Nachrichten, 1924
(9) Der Motorfahrer, 1924
(10) Motorrad-Preisliste, 1925
(11) Motor und Sport Preisliste, 1933-1934
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