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Nestoria

Informationen zum Hersteller

Astoria Motorenwerk GmbH

Nürnberg, Solgerstraße 6a                                                         (12. September 1922 – ca. 1923)

Nürnberg, Äußere Rollnerstraße 55                                           (ca. 1923  – 24. Mai 1923)

Nestoria Motorenwerk GmbH    

Nürnberg, Äußere Rollnerstraße 55                                        (24. Mai 1923 – ca. 1926)

Bischoff & Pedall, „Nestoria“ Kraftfahrzeugbau    

Nürnberg, Äußere Rollnerstraße 55                                        (ca. 1926 – ca. 1929)

Nürnberg, Mittlere Kanalstraße 1b                                            (ca. 1929 – 19. Juni 1933)

 

Die Marke „Nestoria“ entwickelte sich aus der ursprünglich bestehenden Marke „Astoria“. Das herstellende Unternehmen wurde am 12. September 1922 unter dem Namen „Astoria Motorenwerk GmbH“ gegründet. Der Firmensitz befand sich zunächst in der Solgerstraße 6a in Nürnberg und wurde später in die Äußere Rollnerstraße verlegt. Das Unternehmensziel umfasste die Produktion von Motorrädern, Fahrrädern, Kraftwagen aller Art sowie sämtlichen Zubehörartikeln für diese Produkte. Als Geschäftsführer wurden Betriebsleiter Adolf Auer und Konstrukteur Hans Wolf eingesetzt, während Kaufmann Fritz Schneider und Ingenieur Wilhelm Krauß die Aufgaben als stellvertretende Geschäftsführer übernahmen.

Unter der Marke Astoria wurde nur ein Motorradmodell entwickelt und angeboten. Es war dies ein leichtes Kraftrad mit eigenem Zweitaktmotor, der mit einer Leistung von 3 PS angegeben wurde. Vermutlich steht diese Leistungsangabe für einen Hubraum von circa 300 ccm. Der Motor arbeitet mit Dreikanalsystem, der Rahmen besteht aus kräftigem Stahlrohr. Die Konstrukteure Hans Wolf und Wilhelm Krauß, die nach Angaben in Astoria-Werbeanzeigen zuvor bei Zündapp beschäftigt waren, entwickelten das Modell unter Berücksichtigung zahlreicher konstruktiver Parallelen zum Zündapp-Typ Z 22. So zeigt sich beispielsweise das Brustrohr des offenen Rahmens in einer gegabelten Ausführung, wie sie auch bei Zündapp verwendet wurde, wodurch der Krümmer gerade nach vorne zum darunter liegenden Auspuffsammler geführt werden konnte. Die Vorderradgabel arbeitet nach dem „Druid“-System und weist ebenfalls nur geringe Unterschiede zum Zündapp-Modell auf. Auch die Motorenbauweise ist nahezu identisch, wobei für die Astoria ein etwas größerer und leistungsstärkerer Hubraum gewählt wurde. Das Zweigang-Getriebe mit Leerlauf, Kickstarter und Kupplung überträgt die Motorleistung mittels eines Riemenantriebs auf das Hinterrad. Sowohl die Hand- als auch die Fußbremse greifen an der dort angebrachten Keilriemenfelge.

Eine vorliegende Zeichnung, die mit den Namen der Entwickler versehen ist, lässt die Schlussfolgerung zu, dass ursprünglich die Bezeichnung „Astra“ für das Motorrad vorgesehen war. Nachträglich wurden jedoch die Buchstaben „O“ und „I“ ergänzt, sodass schließlich der endgültige Markenname „Astoria“ gewählt wurde.

Das Astoria-Motorrad wird von verschiedenen Vertriebspartnern in Städten wie Essen, Solingen, Münster, Olpe, Stuttgart, Bayreuth und Halle an der Saale angeboten. In Österreich vertreibt der Händler „A. Nedbal“ aus Linz das Modell. Die Maschinen wurden auch bei sportlichen Wettbewerben eingesetzt, was wesentlich zur Bekanntheit des Modells beitrug.

Schon bei den „Großen Motorradrennen“ in Nürnberg im September 1922 nahmen Astoria-Motorräder teil. Der Nürnberger Fahrer Wolf erreichte im Rennen um die Bayerische Meisterschaft für Maschinen aller Stärken den dritten Platz. Kippes, ebenfalls auf Astoria unterwegs, belegte in diesem Lauf den vierten Platz. Im Rennen um den Frankenpreis in der Hubraumklasse bis 350 ccm sicherte sich Wolf den fünften Platz. Kippes kam im zweiten Vorlauf auf Rang vier und erzielte auch im Vorlaufrennen um den Norispreis für Maschinen bis 500 ccm den vierten Platz, musste im Endlauf aber aufgeben.

Bei der 3. Fränkischen Zuverlässigkeitsfahrt belegte Krauß den fünften Platz in der Hubraumklasse bis 350 ccm. Wolf, der ebenfalls teilnahm, erhielt eine Anerkennungsplakette.

Im Mai 1923 beschloss die Generalversammlung der GmbH das Unternehmen umzubenennen. Anlass für diese Namensänderung war sehr wahrscheinlich eine Intervention des Suhler Unternehmens „Simson & Co.“, das bereits seit etwa 1913 unter dem Namen „Astoria“ Fahrrad-Freilaufbremsnaben fertigte. Aus diesem Grund wurde der neue Firmenname „Nestoria Motorenwerk GmbH“ gewählt. In Zusammenhang mit der Umfirmierung legte Adolf Auer seine Funktion als Geschäftsführer nieder, woraufhin Fabrikdirektor Wilhelm Weber zum weiteren Leiter des Unternehmens bestellt wurde. Um potenziellen Konflikten hinsichtlich der künftigen Markennutzung vorzubeugen, beantragte das Unternehmen Anfang April 1923 den rechtlichen Schutz der Marken „Nestoria“ und „Nestor“.

Die Nestoria-Maschinen verzeichneten zwischen Mai und Juni 1923 eine beachtliche Anzahl an Rennerfolgen, auf die der Nürnberger Nestoria-Generalvertreter Peter Rupp in einer Werbeanzeige hinwies. In diesem Zusammenhang wurde auch hervorgehoben: „Nestoria – das schnellste 3-PS-Zweitaktmotorrad“. Darüber hinaus wurden weitere Rennteilnahmen, auch überregional, mit Erfolgen erzielt:

- beim Solitude Berg-Rennen am 17. Juni 1923 bei Stuttgart: 

          W. Rösch (Pforzheim) auf Astoria, vermutlich Privatfahrer in Klasse B II, vierter Platz

          J. Kagerer (Nestoria-Generalvertreter in München) auf Astoria, Klasse C II von 250 ccm bis 350 ccm

          H. Wolf (Nürnberg) auf Astoria

- beim Teutoburger Waldrennen am 24. Juni 1923:

          Bernhard Greive jun. (Detmold) auf Astoria, zweiter Platz in Klasse III

- beim Bahnrennen in Erkelenz im Juli 1923:

          Murmann (Neuß) auf Astoria, Sieger in der Klasse bis 350 ccm. Er fuhr aber außer Konkurrenz und erhielt deshalb keinen Preis.

- beim Motorradrennen auf der Rennbahn Riehl am 15. Juli 1923 in Köln:

          W. Faust (Köln) auf Astoria, zweiter Platz in der Klasse bis 500 ccm

          Erich Bethge (Köln) auf Astoria, dritter Platz in der Klasse bis 500 ccm

- beim Auftakt der Motorsport-Saison am 15. Juli 1923 auf der Trabrennbahn in Hamburg-Farmsen:

          Fritz Kühlwetter auf Astoria in der Klasse bis 350 ccm der Industriefahrer um den Preis von Farmsen, dritter Platz.

          Im späteren Rennen im Oktober zu den Hamburger Motorradmeisterschaften siegte er dort auf Nestoria in der gleichen Klasse.

- bei der Bayerischen Motorrad-Bergmeisterschaft des DMV im August 1923 in Neumarkt in der Oberpfalz:

          Hans Wolf (Nürnberg) auf Nestoria wurde Sieger in der Fachklasse der mittelschweren Motorräder bis 350 ccm

          und somit Bayerischer Bergmeister in dieser Kategorie.

          Dummert (Nürnberg) auf Nestoria erreicht den ersten Platz in der Laienklasse bis 350 ccm.

          Somit ein voller Erfolg für die Marke Nestoria

- beim Rennen rund um den Schwanenturm am 9. September 1923 in Kleve in der Klasse bis 350 ccm:

          P. Hürse (Krefeld) auf Nestoria, erster Platz

          W. Strater (Krefeld) auf Astoria, zweiter Platz

          G. Hürsen (Krefeld) auf Nestoria, dritter Platz

- bei der Flachprüfungsfahrt des Motorrad-Klubs Rosenheim am 19. September 1923:

          Feichtmayer auf Nestoria erreicht den 6. Platz

          Degn auf Astoria beendet auf dem 13. Platz

- beim Rennen rund ums Hermannsdenkmal am 21. Oktober 1923:

          Greive (Detmold) auf Astoria siegt in der Klasse bis 350 ccm

          Fischer (Münster) auf Nestoria erzielt den zweiten Platz in derselben Klasse

- beim Senne-Motorrad-Flachrennen am 18. November 1923 in Bielefeld:

          Greive auf Astoria erzielt den dritten Platz in der Klasse bis 350 ccm

 

Anfang Dezember 1923 trat Hans Wolf von seiner Position als Geschäftsführer zurück. In seiner folgenden Funktion als Nestoria-Vertretung stellte er im April 1925 auf der Nürnberger „Deutschen Sportschau“ vier Modelle der „sieggewohnten Nestoria und Nestoria Superior“ vor. Die genaue Bedeutung der Bezeichnung „Nestoria Superior“ bleibt dabei unklar. Möglich wäre, dass hier ein Motorrad der eigenen Marke „Wolf“ gemeint war.

 

Sportlich knüpft man im Jahr 1924 mit Nestoria-Maschinen an die bisherigen Erfolge an. Unter anderem:

- bei Winterfahrten im November 1923 und im Februar 1924

          N. Hummel erreicht hier jeweils vordere Platzierungen

- bei der Deutschlandfahrt im März 1924 fuhren drei Starter in der Klasse bis 350 ccm Hubraum:

          H. Wolf (Nürnberg) mit der Startnummer 149 und einem zweiten Platz bei 9978 Punkten erhält eine goldene Plakette

          Erich Bethge (Köln) mit der Startnummer 61 und einem siebten Platz bei 9721 Punkten erhält eine silberne Plakette

          Bernhard Greive (Detmold) mit der Startnummer 144 nahm hier ebenfalls teil und erreichte den 14. Platz bei 7626 Punkte.               

- beim Rennen rund um Landshut am 4. Mai.1924:

          Ohlschmidt erzielt den zweiten Platz in der Klasse 3 (vermutlich bis 350 ccm)

          Ebner folgt ihm auf dem dritten Platz

- bei der Antoniberg-Fahrt des Reichenhaller Automobil-Clubs am 11. Mai 1924:

          Ferstl (Straubing) erreichte den dritten Platz in der Klasse bis 350 ccm der Industriefahrer

          Ohlschmidt (Nürnberg) kam in der gleichen Klasse auf den fünften Platz

- bei der Kraftradmeisterschaft von Münster am 15. Juni 1924:

          Fischer auf 346 ccm Nestoria in der Klasse bis 500 ccm den dritten Platz

- beim Motorradbahnrennen am Reichelsdorfer Keller am 15. Juni 1924 in Nürnberg:

          Ohlschmidt (Nürnberg) erzielt beim Bayern-Preis in der Klasse bis 350 ccm den vierten Platz.

- bei der Internationalen Fernfahrt Zürich-Berlin des ADAC vom 17. bis 20 Juli 1924:

          Stöhr (Berlin) war in der Meldeliste genannt.

- bei den Bayerischen Bergmeisterschaften des DMV im September 1924:

          Wolf (Nürnberg) in der Klasse bis 350 ccm erreichte den neunten Platz

          Pfeiffer (Nürnberg) in der Klasse der Seitenwagen erzielte den dritten Platz

- bei der Automobil-Zuverlässigkeitsfahrt im November 1924 in Regensburg:

          Robert Scheubeck, Geiger und Riederer erhielten die silberne Plakette.

In den folgenden Jahren tauchen Nestoria-Motorräder nur noch selten in den Ergebnislisten der Sportveranstaltungen auf, was darauf hindeutet, dass das Unternehmen seine sportlichen Aktivitäten reduziert hat. Dies steht möglicherweise im Zusammenhang mit den wirtschaftlichen Herausforderungen der Firma, da Anfang Juli 1924 die Geschäftsaufsicht über die Geschäftsführung der „Nestoria Motorenwerk GmbH“ angeordnet wurde.

Kurz vorher, im Juni 1924, erscheinen neue Leistungsangaben für den eigenen Zweitaktmotor. Dieser wird nun mit 3,5 PS Leistung angegeben. Ausgelegt war er mit einer Bohrung von 75 mm und einem Zylinderhub von 79 mm. Das Hubvolumen betrug 349 ccm.

Nestoria hat sich für die Deutsche Automobilausstellung im Herbst 1924 in Berlin angemeldet, um weiterhin Präsenz bei den Kunden zu zeigen. Die Ausstellung wurde allerdings verschoben und fand dann erst am 10. bis 18. Dezember statt. Zur neuen Saison 1925 zeigen die Nestoria Motorenwerke GmbH dort „außer ihrem bisherigen Modell zwei vollständig neue Modelle, welche sich durch ihre schnittige Bauart, als auch durch ihre hohe Leistung auszeichneten. Die Nestoria „A 25“ [Anmerkung: Ende 1924 im Nestoria Prospekt als Modell „2“ angegeben] ist mit dem bekannten Serienmotor versehen, während in Nestoria „S 25“ [Anmerkung: Ende 1924 im Nestoria-Prospekt als Modell „3“ angegeben] ein neuer hochhubiger Zweitaktmotor mit 70 mm Bohrung und 90 mm Hub entsprechend 346 ccm Zylinderinhalt eingebaut ist. Als Getriebe findet bei den neuen Modellen das englische [Dreigang-] Burman-Getriebe Verwendung, während Modell „1“ mit einem deutschen Zweigang-Getriebe versehen ist. Bei Nestoria „S 25“ erfolgt die Kraftübertragung ausschließlich durch Kette, dagegen wurde bei Nestoria „A 25“ vom Getriebe zum Hinterrad der Riemenantrieb beibehalten. Nestoria „S 25“ ist außerdem mit einer im Hinterrad eingebauten Doppelinnenbackenbremse ausgestattet. Als Vergaser finden Zweikolbenvergaser Variat, bzw. Maxima Verwendung.“ So schreibt es die österreichische Fachzeitschrift „Der Motorfahrer“ 1925 in ihrer Januar Ausgabe. Die Fahrzeuge waren in den Farben Hellblau, Rot, Dunkelgrün oder Schwarz erhältlich. Das Modell „S 25“ verfügte über eine Motorleistung von 6,5 PS und wurde als Sportmodell bezeichnet; die beiden anderen Typen hatten jeweils 5,5 PS Leistung und wurden als Tourenmodelle geführt.

Fünf Monate nach Beginn der Geschäftsaufsicht wird diese am 17. Dezember 1924, nach Abschluss eines rechtskräftigen Zwangsvergleichs, aufgehoben. Einige Monate später, im August 1925, schied Wilhelm Weber als Geschäftsführer aus dem Unternehmen aus. Zum neuen Geschäftsführer wurde Herr Dr. Alex Mayer aus Nürnberg bestellt.

Auch in der Saison 1926 wurden weiterhin drei Zweitaktmodelle produziert, die nun unter den Typbezeichnungen „2“, „3“ und „T 26“ geführt wurden. Zusätzlich gab es drei Motorradmodelle mit Viertaktmotoren. Das Fahrwerk wurde so angepasst, dass die von Richard Küchen entwickelten obengesteuerten „K-Motoren“ eingebaut werden konnten und mit folgende Modellbeschreibungen bezeichnet wurden:

Die genaue Bedeutung des Begriffs „‘K‘-Spezial Viertaktmotor“ ist nach aktuellem Kenntnisstand nicht eindeutig feststellbar. Es wird jedoch angenommen, dass es sich bei dieser Spezialausführung um eine Variante mit drei Ventilen im Vergleich zu den üblicherweise verbauten zwei Ventilen handelt.

Am 8. September 1926 wurde das Konkursverfahren über das Vermögen der „Nestoria Motorenwerk GmbH“ beantragt. Der Kaufmann Hans Bischoff und der Mechaniker und Werkmeister Johann („Hans“) Pedall übernahmen das Unternehmen unter dem neuen Namen „Bischoff & Pedall“ unter Beibehaltung des bisherigen Produktionsstandorts in der Äußeren Rollnerstraße. Im Nürnberger Adressbuch ist die Firma als „Reparatur-Werkstatt für Fahr- und Motorräder“ sowie als Hersteller der Nestoria-Motorräder verzeichnet. Zudem wird das Unternehmen auch unter der Bezeichnung „Nestoria Kraftfahrzeugbau“ geführt. Mit Beschluss des Amtsgerichts vom 22. Januar 1930 wurde das Konkursverfahren über das Vermögen der vormaligen Firma „Nestoria-Motorenwerk GmbH“ durch Schlussverteilung aufgehoben.

Die Produktion der drei etablierten 350er Zweitakt-Motorradmodelle wurde zunächst fortgeführt. Ab etwa der zweiten Jahreshälfte 1927 konzentrierte man sich auf eine Modellvariante, die als „Nestoria T“ bezeichnet wurde und mit einer Bremsleistung von 5 PS angegeben war. Das Modell verfügte über Innenbackenbremsen an Vorder- und Hinterrad, einen Noris-Magneten beziehungsweise eine Zündlichtanlage sowie ein Dreigang-Hurth-Getriebe. Die im Vorjahr produzierten Modelle mit Küchen-Motoren wurden nicht weiter gefertigt. Ergänzend wurde aber eine Motorradausführung mit dem bewährten ioe-MAG-Einbaumotor aus der Schweiz eingeführt. Das neue Modell „Nestoria MAG“ erreichte eine Leistung von 12–14 PS bei 1,9 Steuer-PS. Diese resultierte aus einem Hubraum von 500 ccm mit den Dimensionen von 82 mm Bohrung und 94 mm Hub. Die Kraftübertragung auf das Hinterrad erfolgte ebenfalls mittels einer Kette über ein Dreigang-Hurth-Getriebe mit Kickstarter und Korklamellenkupplung. Für die Zündung kam ein Noris-Magnet zum Einsatz, die Gemischaufbereitung übernahm ein deutscher AMAC-Zweikolbenvergaser. Die Schmierung wurde automatisch durch eine Best & Lloyd Ölpumpe gewährleistet. Moderne Innenbackenbremsen waren sowohl vorne als auch hinten verbaut. Diese zuverlässige Tourenmaschine erzielte eine Höchstgeschwindigkeit von bis zu 100 km/h, eignete sich für den Seitenwagenbetrieb und wurde als zuverlässiges Alltagsfahrzeug angesehen.

Beide Motoren wurden ebenfalls in den damals neu angebotenen und populären Lieferdreirädern eingesetzt. Während die Ausführung mit Zweitaktmotor für eine maximale Nutzlast von 6 Zentnern konzipiert war, eignete sich das Modell mit MAG-Motor für bis zu 10 Zentner Nutzlast. Die Ladeflächen waren als Niederrahmenkonstruktion ausgeführt. Dies erleichterte das Beladen durch eine niedrige Ladekante und ermöglichte die problemlose Integration unterschiedlicher Aufbauten in die Rahmensektion. Das ab diesem Zeitraum neu eingeführte Markenzeichen zeigte ein BMW-ähnliches Emblem in den fränkischen Farben Rot und Weiß.

Im Laufe des Jahres 1928 wurde das Viertaktmodell überarbeitet, wobei eine Variante mit einem 500 ccm OHV-MAG-Doppelport-Motor ergänzt wurde. Beide Modelle wurden nun mit Satteltanks ausgestattet und erhielten eine verbesserte Schalldämpfung. Die moderne Tiger-Federgabel aus Köln kam ebenfalls zum Einsatz. Außerdem wird ein steuer- und führerscheinfreies Kleinkraftrad mit einem 175 ccm Viertakt-Blockmotor in einem Werbeblatt erwähnt, das Mitte des Jahres 1928 modifiziert und als 200 ccm Motorrad unter der Bezeichnung „Nestoria Sta 200“ auf den Markt gebracht wurde. Es war mit einem englischen 4,5 PS Sturmey-Archer Motor, einem Dreigang-Getriebe ebenfalls von Sturmey-Archer und einem UH-Magnet ausgestattet. Für die „Sta 200“ und wurde eine Höchstgeschwindigkeit von 75 km/h angegeben, der Preis lag bei 850 Reichsmark.

Die drei Viertaktmodelle waren auch Anfang 1929 in den Preislisten der Fachzeitschriften aufgeführt. Im Laufe des Jahres wurden die größeren Modelle auf Sturmey-Archer-Triebwerke und -Getriebe umgestellt. Die neuen Bezeichnungen lauteten „Sta 500“ und „Sta 500 O-H-V“. Die verbauten Schalldämpfer stammten von der Firma Sonex Apparatebau GmbH aus Herford in Westfalen. In der Werbung werden die Krafträder mit den Eigenschaften „modern, rassig, billig, unverwüstlich“ beschrieben.

Das große Transportdreirad war weiterhin mit dem ioe-MAG-Motor ausgestattet. Dessen Fahrgestell wurde vollständig überarbeitet und erinnerte nun eher an einen offenen Kraftwagen mit Motorradgabel. Bei dieser neuen Konstruktion befindet sich der Antriebsmotor auf der linken Seite des Fahrzeugs neben der Fahrersitzbank. Die kleinere Ausführung erhielt einen 200 ccm Sturmey-Archer-Motor, um von der Steuerbefreiung profitieren zu können. Der Nestoria Klein-Lieferwagen wurde unter anderem in München über die Fahrzeughandlung „E.& G. Lassnack“ vertrieben.

Im Jahr 1930 erweiterte man das Motorradsortiment um einen seitengesteuerten 600 ccm Sturmey-Archer Motor. Diese „Sta 600“ war zum Preis von 1360 Reichsmark (RM) erhältlich. Das steuerfreie Modell „Sta 200“ war für 815 RM verfügbar und konnte auch in einer Variante mit roter Emaillierung, vernickeltem Tank und gelben Rädern für 830 RM bestellt werden. Die Type „Sta 500“ kostete zu dieser Zeit 1260 RM und beinhaltete eine elektrische Lichtanlage, ein Signalhorn und einen Tachometer. Die „Sta 200“, die „Sta 500“, die „Sta 500 O-H-V“ und die „Sta 600“ wurden bis Ende 1933 in den Preislisten der Zeitschrift „Motor und Sport“ aufgeführt.

Im Zeitraum 1929/1930 erfolgte der Umzug an die Mittlere Kanalstraße 1b. Auch das neue Unternehmen blieb von einer finanziellen Schieflage nicht verschont. Das Amtsgericht Nürnberg eröffnete am 13. August 1931 das Konkursverfahren über das Vermögen der offenen Handelsgesellschaft „Bischoff & Pedall“ nachdem ein Antrag auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens abgelehnt wurde.

Vermutlich zu Beginn der dreißiger Jahre versuchte man mit einem Motorfahrrad neue Kundengruppen anzusprechen. Dazu existiert ein Werbeblatt, das den sogenannten „Eros-Motor“ beschreibt. Dieser konnte seitlich mit einer Kupplung am Vorderrad eines Fahrrades montiert werden und war entweder einzeln oder montiert in einem „Nestoria“-Motorfahrrad erhältlich. Da neben dem genannten Werbeblatt keine weiteren Informationen zum Motorenhersteller vorliegen und auch keine erhaltenen Exemplare bekannt sind, kann nicht eindeutig festgestellt werden, ob dieses Produkt tatsächlich hergestellt wurde.

Seit diesem Zeitpunkt konzentrierte sich "Bischoff & Pedall" offenbar überwiegend auf Reparaturarbeiten an Nestoria-Fahrrädern sowie an weiteren Zweirädern. Kraftfahrzeuge der Marke „Nestoria“ wurden vermutlich nur noch in sehr begrenztem Umfang produziert. Das Amtsgericht Nürnberg beendete am 19. Juni 1933 nach erfolgter Schlussverteilung das Konkursverfahren über das Vermögen der offenen Handelsgesellschaft „Bischoff & Pedall“. Damit kam die Geschäftstätigkeit des Unternehmens zum Abschluss.

 

(Zusammengestellt von: Helmut Kraus. September 2025)

Quellen:

(1)   Der Motorwagen, 1922

(2)   Adressbuch Berlin, 1922

(3)   Adressbuch Nürnberg, 1924-1925, 1928-1929, 1933

(4)   Adressbuch Bayreuth, 1924

(5)   Illustrierte Motorzeitung, 1922

(6)   Der Radmarkt, 1925

(7)   Der Reichsmechaniker, 1927

(8)   Deutscher Reichsanzeiger, 1922-1925, 1930-1931, 1933

(9)   Sächsische Rad- und Motorfahrer-Zeitung, 1913-1914

(10) Internetseite „Meisterdinger.de“

(11) Kölnische Zeitung, 1923, 1926

(12) Münchner neueste Nachrichten, 1923-1924, 1928-1931

(13) Bergische Zeitung, 1923

(14) Schwäbischer Merkur, 1923

(15) Hallische Nachrichten, 1923

(16) Dorstener Volkszeitung, 1923

(17) Stuttgarter neues Tagblatt, 1923

(18) Bielefelder Abend-Zeitung, 1923

(19) Westfälische Zeitung, 1923

(20) Rosenheimer Anzeiger, 1923

(21) Berliner Börsen-Zeitung, 1924, 1926

(22) Berliner Tageblatt, 1924

(23) Linzer Tages-Post, 1923-1924

(24) Der Motorfahrer (Ö), 1925

(25) Österreichischer Motor – Der Flug, 1925

(26) Sport im Bild, 1925

(27) Motor und Sport, 1927-1930

(28) Das Motorrad, 1929

(29) Preisliste Ludwig Zellner, München, 1929

(30) ADAC Motorwelt, 1930


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