MFZ
Informationen zum Hersteller
Motorkleinfahrzeug GmbH
Berlin, Linkstraße 38 (4. Juli 1921 – 1922)
Berlin-Wittenau (Dezember 1922 – Juli 1924)
Motor-Kleinfahrzeug Werk Wittenau Adolf Schilling
Berlin-Wittenau, Innungsstraße (Dezember 1922 – ca. 1923)
M.F.Z. Motor-Fahrzeug-Fabrik GmbH
Berlin-Köpenick, Mahlsdorfer Straße 2 (ca. 1923 – ca. 1924)
Berlin-Köpenick, Mahlsdorfer Straße 107 (ca. 1924 – Dezember 1931)
Die „Motorkleinfahrzeug GmbH“ wurde mit Gesellschaftsvertrag am 4. Juli 1921 gegründet und im November 1921 in das Handelsregister von Berlin eingetragen. Geschäftsführer waren die Zivilingenieure Paul Reuter und Emil Fischer. Die Firma hatte ihre Geschäftsadresse in der Linkstraße 38, wo Reuter und Fischer außerdem ein „Autotechnisches Büro“ betrieben, was vorher unter dem Namen „Fischer & Adam“ von Emil Fischer und Heinz Adam geführt wurde. Gegenstand der „Motorkleinfahrzeug GmbH“ war -wie der Name schon aufzeigt- der Bau von Motorkleinfahrzeugen aller Art, insbesondere der Serienbau von Motorrädern sowie der Vertrieb eigener und fremder Erzeugnisse dieser Art. Hierzu werden von den Gesellschaftern als Sacheinlage sämtliche von ihnen entworfenen Konstruktionen und dazu gehörigen Werkstattzeichnungen eines leichten Motorrads von 250 ccm Hubraum in die Firma eingebracht.
In der österreichischen Fachzeitschrift „Österreichischer Motor – Der Flug“ wird dieses Leichtmotorad im Dezember den Lesern wie folgt vorgestellt: „… das ‚M.F.Z.‘-Motorrad, das die Vorteile der schweren Tourenmaschine mit denen des flinken Sportmodells vereinigt. Eine genauere Beschreibung soll dies des Näheren illustrieren. Die Kraftquelle stellt ein einzylindriger Viertaktmotor von 64 mm Bohrung und 77 mm Hub dar, der also mit 249 ccm noch innerhalb der Grenzen der schwächsten internationalen Motorradkategorie liegt. Beide Ventile sind oben gesteuert und nachstellbar, und zwar liegt abweichend von der Regel das Saugventil vorne, das Auspuffventil rückwärts. Die Kurbelwelle läuft auf Kugellagern, das Schwungrad liegt außen. Bemerkenswert ist die zwangsläufig angetriebene Ölpumpe, die den jeweiligen Anforderungen entsprechend regulierbar ist. Der Vergaser stellt ebenfalls eine Neuerung auf diesem Gebiete dar und arbeitet automatisch. Das Getriebe ist mit dem Motor in einen Block zusammengebaut und besitzt zwei Schaltstufen, die eine Übersetzung von der Motorwelle auf das Hinterrad im Verhältnis 1:5, bzw. 1:13 ermöglichen. Dadurch ist sowohl die Erzielung eines flotten Tempos in der Ebene, als auch das Befahren starker Steigungen gewährleistet. Eine dauernd in Öl laufende Stahllamellenkupplung und ein direkt an der Kurbelwelle angreifender Kickstarter gestatten ein bequemes Abfahren vom Platze weg. Die Kraftübertragung erfolgt durch einen Keilriemen, wobei an der rückwärtigen Riemenscheibe gleichzeitig die beiden Felgenbremsen angreifen. Der Rahmen besteht aus nahtlosen, hartverlöteten Stahlrohren und ist so ausgebildet, dass der Schwerpunkt des gesamten Systems ohne Fahrer weit nach vorne und unten zu liegen kommt. Er besitzt ein schräg nach hinten abfallendes oberes Rohr, ist vorne abgefedert, hat Fußrasten, Gepäckträger samt Werkzeugbehälter und Betriebsstoffreservoir, Öl und Benzin für zirka 300 km Fahrt fassend. Was das ‚M.F.Z.‘-Motorrad vor allen ähnlichen Fabrikaten auszeichnet, ist neben der übersichtlichen Anordnung und der dadurch bedingten bequemen Zugänglichkeit aller Teile die Leichtigkeit, welche in geringem Betriebsstoff- und Pneumatikverbrauch angenehm zum Ausdruck kommt. Ermöglicht wird das unwahrscheinlich niedrige Gewicht von 55 kg für die fahrbereite Maschine durch Verwendung besonders leichter Metalllegierungen für Zylinder und Kolben. Während ersterer aus Silumin besteht, ist letzterer aus Elektron hergestellt, einem Metall, das schon aus wärmetechnischen Gründen einen großen Vorzug verdient. Dass ein so außerordentlich leichter Kolben im Vereine mit hängenden Ventilen die Erzielung hoher Umdrehungszahlen gestattet, braucht bei der Sachkenntnis der meisten unserer Leser wohl nicht besonders hervorgehoben zu werden und wir können den Rennfahrern und solchen, die es werden wollen, gleich hier verraten, dass der ‚M.F.Z.‘ im nächsten Jahre in seiner Kategorie wohl nicht leicht auf einen ebenbürtigen Gegner stoßen dürfte. Aber auch derjenige, der das Motorrad in Ausübung seines Berufes, für Fahrten in der Stadt oder für Reisen auf dem Lande benötigt, wird durch den ‚M.F.Z.‘ vollauf befriedigt sein und in jeder Hinsicht auf seine Rechnung kommen.“
Die Konzeption des Leichtmetallzylinders mit einem eingesetzten Stahl-Zylinder als Kolbenlauffläche ließen sich die beiden Ingenieure patentieren. Bei der Motorrad-Konstruktion wurde insbesondere Wert auf Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit gelegt, bei günstigen Anschaffungs- und Betriebskosten.
Präsentiert wurde dieses 2,5 PS starke und etwa 65 km/h schnelle Modell im Herbst 1921 auf der „Deutschen Automobilausstellung“ in Berlin. Generalvertretungen waren zu dieser Zeit bereits in Berlin, Breslau, Düsseldorf, Hamburg, Hannover, Dresden, Nürnberg, Stuttgart, München und Königsberg eingerichtet. Für Wien übernahm 1921 die Kraftfahrzeughandlung „Josef Kummer & Co, GmbH“ den regionalen Verkauf des Leichtmotorrades, zum Jahr 1923 konnte man die „M.F.Z.“-Krafträder bei der Wiener „Spezialwerkstätte Theodor Holub“ erhalten.
Die Zivilingenieure Reuter und Fischer teilten im September 1922 mit, dass sie die Geschäftsführung der MFZ-„Motorkleinfahrzeuggesellschaft“ niedergelegt haben und sich nunmehr ausschließlich ihrer Tätigkeit als Zivilingenieur auf dem Gebiet des Kraftfahrzeugwesens widmen werden. Als Hauptgebiet wird von den Herren auf Grund ihrer reichen Erfahrungen hauptsächlich das Kleinkraftfahrzeug und das Motorrad bearbeitet. Professor und Fabrikant Adolf Schilling aus Berlin-Wilmersdorf übernimmt sodann im November 1922 die Firma als Inhaber und Geschäftsführer. Er gründet außerdem einen Monat später die Firma „Motor-Kleinfahrzeug-Werk Wittenau Adolf Schilling“.
Emil Fischer zieht im nachfolgenden Verlauf nach München, wo er zusammen mit dem Kaufmann Stefan Reinemann die neu gegründete „Kraftfahrzeugwerk München AG“ als Vorstand leitet. Dort entwickelt man das Motorrad der Marke „R. & F.“.
Zum 1. Juli 1923 wurde das MFZ-Werk „Motor-Kleinfahrzeug Werk Wittenau Adolf Schilling“ für 200 Millionen Mark und 500.000 Mark in Aktien von der Firma „Gebr. Krüger & Co. AG“ erworben. Die bisherige Motorradproduktion wird in das Köpenicker Werk des Käufers verlegt. Der Vertrieb der dort produzierten Krafträder erfolgt durch eine neugegründete Firma, die „M.F.Z. Motor-Fahrzeug-Fabrik GmbH“, deren gesamte Geschäftsanteile in Höhe von 500.000 Mark sich ebenfalls im Besitz der „Gebr. Krüger & Co. AG“ befinden. Paul Johnson übernimmt die Geschäftsleitung des Unternehmens. Die ursprüngliche „Motorkleinfahrzeug GmbH“ wird im Juli 1924 aufgelöst und im Handelsregister gelöscht.
Ab Ende April 1924 kam neben dem 2,5 PS Modell nun auch ein stärkeres 3,5 PS Modell auf den Markt. Die Bezeichnungen sind vermutlich vom Hubraum abgeleitet. So entspricht das 2,5 PS einem Hubraum von 250 ccm und die 3,5 PS dem Hubraum von 350 ccm. Der Aufbau des größeren Motors ist ähnlich zur kleineren Maschine ausgeführt. Der Einlass wurde allerdings auf die Rückseite und der Auslass auf die Frontseite des Zylinders versetzt. Dieser 9,5 PS starke Viertakt-Einzylindermotor arbeitet mit hängenden Ventilen, die über Stoßstangen gesteuert werden. Der Bohrungsdurchmesser beträgt 76 mm, der Hub ist mit 77 mm bemessen, was rechnerisch eine Steuerleistung von 1,34 PS ergibt. Das mit dem Motor zu einem Block vereinigte Getriebe weist zwei Geschwindigkeitsstufen auf und ist ausgestattet mit Kickstarter, Lamellenkupplung und Schaltungskompensator. Der Starterhebel ist -wie auch beim 2,5 PS Modell- vorne auf der rechten Seite angebracht und wirkt direkt auf die Kurbelwelle. Die Vorderradgabel ist nach einem Tauchgabel-Prinzip konstruiert. Vorder- und Hinterrad besitzen je eine Bremse und einen Kippständer, wobei das Hinterrad anfangs durch einen Gummiriemen, bzw. nach einer Modernisierung ab ca. 1927 durch Kette angetrieben wird. Die Hinterrad-Klotzbremse wirkt deswegen im Gegensatz zu der vorderen Innenbackenkonstruktion auf eine eigens dafür vorgesehene Bremsfelge. Die moderne automatische Ölpumpe kann während der Fahrt bequem reguliert werden. Bei einer Maximalgeschwindigkeit von etwa 85 km/h eignet sich das Motorrad für Soziusbetrieb und zur Verwendung eines leichten Beiwagens.
Das 3,5 PS Modell zeigt man Ende 1924 auf der „Deutschen Automobil-Ausstellung“ in Berlin. Für das folgende Jahr wird das kleinere Modell mit 2,5 PS nicht mehr angeboten. Auch als Einbaumotor findet man das Antriebsaggregat zum Beispiel bei der Berliner Motorradmarke „Ammon“. Generalvertretungen für die MFZ-Motorräder übernahmen in diesem Zeitraum Händler wie Alois Islinger in Mannheim oder der Dresdner Franz Immelmann, der auch mit „MFZ“-Motorrädern bei sportlichen Wettbewerben antrat. So zum Beispiel zusammen mit dem Berliner „MFZ“-Fahrer Fritz Hille bei der Deutschlandfahrt im März 1925. Neben der Deutschlandfahrt findet man sportliche Teilnahmen der „MFZ“-Motorräder lediglich bei ein paar kleineren Wettbewerben. Das 3,5 PS Modell wird mindestens bis September 1930 angeboten. Die alte Konstruktion weckt aber vermutlich bei den potenziellen Käufern kaum noch größeres Interesse.
So wird infolge der schlechten wirtschaftlichen Situation in der Gesellschafterversammlung der „M.F.Z. Motor-Fahrzeug-Fabrik GmbH“ vom 22. Dezember 1931 die Liquidation beschlossen.
(Zusammengestellt von: Helmut Kraus. August 2025)
Quellen:
(1) Berliner Tageblatt, 1921
(2) Adressbuch Berlin, 1921-1922
(3) Berliner Börsen-Zeitung, 1921, 1924
(4) Der Motorwagen, 1922
(5) Österreichischer Motor – Der Flug, 1921, 1923
(6) Der Motorfahrer, 1921
(7) Handelsregister Berlin, 1923-1927
(8) Deutscher Reichsanzeiger, 1931
(9) Berliner Börsenzeitung, 1924
(10) Fahrrad- und Motorradzeitung, 1924
(11) Der Reichsmechaniker, 1924
(12) Berliner Tageblatt, 1924
(13) Mannheimer General Anzeiger, 1924
(14) Sächsische Dorfzeitung, 1924
(15) Karlsruher Tagblatt, 1925
(16) Hessler, Der Motor des Kraftrades, 1925
(17) Motor und Sport, 1927
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