Hoco
Informationen zum Hersteller
Hoco-Werke Hohmeyer & Co. Aktiengesellschaft
Minden in Westfalen (1923 – 1925)
Hohmeyer & Co.
Minden in Westfalen, Grille (1926)
Hohmeyer & Co. GmbH
Minden in Westfalen, Grille (1927-1928)
Ihren Ursprung hatte die Mindener Firma in einer von August Hohmeyer im Frühjahr 1912 gegründeten Maschinen- und Fahrzeughandlung, der nach kurzer Zeit eine Reparaturwerkstatt angegliedert wurde. Der Firmenstandort befand sich anfangs vermutlich in Hausberge/Porta Westfalica. Das Geschäft, das sich gut entwickelte, wurde allerdings durch den Ersten Weltkrieg lahmgelegt. Der Neubeginn erfolgte am 14. Februar 1919 mit der Gründung der Offenen Handelsgesellschaft „Hohmeyer & Co.“, die ihren Firmensitz in der Mindener Friedrich-Wilhelmstraße 81 hatte. Als Gesellschafter sind der Kaufmann August Hohmeyer aus Minden und der Mechaniker Karl Hohmeyer aus Hausberge eingetragen.
Die OHG begann mit der Herstellung und dem Vertrieb von Schrot- und Backmehlmühlen, die patentrechtlich geschützt ausgeführt waren. Bei diesen Mühlen war ein Steinmahlwerk in einem Holzkorpus eingebaut. Die Produkte waren anscheinend sehr gut entwickelt und gefertigt, da immer wieder Warnungen vor nachgeahmten Maschinen in Zeitungen erschienen. Um deren Nachfrage befriedigen zu können, werden die Fertigungskapazitäten durch Zukauf der Möbelfabrik Höltkemeyer erweitert. Die Büroräume verlegt man ebenfalls an diesen neuen Standort „Grille 51“ in Minden. Auch die Gesellschaftsform ändert man in eine GmbH und nennt sich nach einem Gesellschafterbeschluss ab Oktober 1921 „Hoco-Werke Hohmeyer & Co. GmbH“.
Man plant neben den Mühlen auch Fahrzeuge aller Art herzustellen und wandelt die Firma aus diesem Grund im April 1922 in eine Aktiengesellschaft um. Das bisher betriebene Unternehmen „Hoco-Werke Hohmeyer & Co. GmbH“ wird dabei für ein Jahr fortgeführt, ehe diese GmbH aufgelöst wird. Gründer der „Hoco-Werke Hohmeyer & Co. Aktiengesellschaft“ sind:
- Fabrikbesitzer August Hohmeyer (Minden-Meißen)
- Firma Hoco-Werke Hohmeyer & Co. GmbH (Minden-Meißen)
- Großkaufmann Wilhelm Helms (Hannover)
- Großkaufmann Hans Helms (Hannover)
- Treuhanddirektor Willy Brandt (Hannover)
Als Vorstand der Aktiengesellschaft wird August Hohmeyer benannt, der Grundbesitz, Maschinen, Inventar und Werkzeuge in die neue Gesellschaft einbringt.
Zur Umsetzung der Fahrzeugherstellung übernimmt man im Jahr 1923 die Hamburger Firma „Motorfahrzeugbau GmbH“, der es in Hamburg an Ausbaumöglichkeiten ihrer Produktion fehlte. Die Hamburger Firma stellte ein Motorrad unter der Marke „M.F.B.“ her. Im Rahmen der Übernahme vergrößerte man den Betrieb in Minden-Meißen, so dass die bisherige Herstellung des Motorrades und die Fabrikationseinrichtung von Hamburg nach Minden verlagert werden konnte. Zur Bewerkstelligung des Kaufs und der anschließenden Fertigung in Minden wurde eine Erhöhung des Aktienkapitals von 10 Millionen Mark auf 50 Millionen Mark beschlossen. Ab dem 1. Oktober 1923 wird sowohl die Mühlen- als auch die Motorrad-Fabrikation in Minden betrieben. Für den Fahrzeugbau war zudem ein weiteres Werk in Planung.
Der Geschäftsführer der „Motorfahrzeugbau GmbH“, Herr Bruno von Festenberg-Pakisch wird zum weiteren Vorstand in die Aktiengesellschaft berufen und übernimmt außerdem die technische Leitung des Fahrzeugbaus. Die Motorräder erhalten die geschützte Markenbezeichnung „Hoco“, zu deren Produktion man über lokale Anzeigen Spezialarbeiter wie Schlosser, Dreher, Schweißer, Schleifer, Vernickler, Radspanner und Lackierer sucht. Bruno Hans Wilhelm von Festenberg-Pakisch war auch der Konstrukteur der dem Motorrad zugrunde liegender Rahmenkonstruktion, die er im Juli 1922 patentieren ließ.
Die besondere Konstruktion des Motorrades umfasst einen neuartig, bootsförmig gestalteten Rahmen sowie eine blattgefederte Vorderradgabel, deren beider Grundkörper aus sorgfältig präparierten hochkantigen Hölzern bestehen und welche in vernickelten Stahlblechlaschen eingefasst sind. Verwendet werden hierzu Eschenholzbretter, die eine größere Festigkeit und vor allem größere Elastizität aufweisen als Stahlrohr gleichen Gewichts. Zudem ist dieses Material wesentlich leichter reparierbar, schalldämpfender und bruchsicherer. Im Holzrahmen selbst sind der Benzintank sowie die Werkzeugtasche untergebracht. Als geschmackvoll wird auch die Motorradverkleidung beschrieben, die aus gehämmertem Blech gefertigt wurde. Als Motorisierung wird zunächst der auch bei der „M.F.B.“ eingesetzte 2,5 PS starke 143 ccm DKW-Zweitaktmotor mit einer Dreigang-Übersetzung in liegender Einbauorientierung angeboten, dessen Antriebsleistung über einen Riemen an das Hinterrad übertragen wird. Auf diese Riemenfelge wirkt auch die fußbetätigte Klotzbremse. Der Motor wird mitsamt dem Getriebe über eine Stahlrohrkonstruktion am Holzrahmen befestigt. Vertrieben wird das Motorrad für das Bergisch-Märkische Gebiet über die „Auto-Hesse GmbH“ in Barmen, in München über die „Autap, Auto- und Apparatebau GmbH“ sowie über die bisherige Hamburger Handelsfirma „Gerhard W. Lehmann & Co.“. Herr Lehmann übernahm zudem die kaufmännische Leitung der Abteilung Kraftfahrzeugbau der Mindener Aktiengesellschaft. Präsentiert werden die Hoco-Motorräder auf der Internationalen Motorradausstellung Stuttgart im Mai 1924.
Im weiteren Verlauf werden auch leistungsstärkere Motoren in die Hoco-Fahrgestelle verbaut und als Motorradmodell beworben. So setzte man beispielsweise einen 3 PS „Dihl“-Motor mit 250 ccm Hubraum, Kickstarter, Fußkupplung und Zweigang-Getriebe mit Leerlauf ein, der später vermutlich von einem „König“-Motor der Motorenfabrik Herford ersetzt wurde.
Auch Viertaktmotoren waren als Varianten erhältlich. Die Ausführung mit einem englischen seitengesteuerten 350 ccm JAP-Motor, Zweigang-Getriebe, Leerlauf und Kickstarter war für 1000 Goldmark erhältlich und auch ein Modell mit dem 6 PS BMW-Zweizylinder-Einbaumotor mit 500 ccm Hubraum und Dreigang-Getriebe war für 1600 Goldmark käuflich zu erwerben. Anfang 1925 wurde auch ein 4 PS Modell mit 300 ccm JAP-Viertaktmotor und Sturmey-Archer-Dreigang-Getriebe für 850 Goldmark angeboten.
Vermutlich traten bereits im Juli 1924 finanzielle Probleme auf und die Firma wurde aufgrund dessen unter Geschäftsaufsicht gestellt. Mit dem Einsatz einer Spezial-Werkstatt zur Reparatur von Motorrädern aller Systeme wie auch die Möglichkeiten für Emaillierungs- und Vernickelungsarbeiten erweitert man das Angebot für die Kunden. Ein gutes Jahr später mussten aber einige im Namen der Aktiengesellschaft eingetragenen Grundstücke zwangsversteigert werden. Es ist davon auszugehen, dass mit dieser Zwangsversteigerung auch die Auflösung der Aktiengesellschaft einher ging, da kurze Zeit später unter der Firmenbezeichnung „Hohmeyer & Co.“ und durch Karl Hohmeyer selbst, bisherige Produkte und Arbeiten der Hoco-Werke per Zeitungsanzeigen angeboten wurden. Ein Teil der früheren Hoco-Werke ging durch Kauf in den Besitz des August Hohmeyer über und auf dieser Grundlage konnte man zur weiteren Produktion erneut die „Hohmeyer & Co. GmbH“ gründen, die von August und Karl Hohmeyer als Geschäftsführer geleitet wurde. Der als Betriebsleiter tätige Karl Hohmeyer änderte etwas später seine Geschäftsführertätigkeit in die Form des Prokuristen.
Schon im Juli 1927 findet man erneut Inserate in den lokalen Zeitungen, die wieder Hoco-Motorräder bewerben. Es waren dies die Modelle mit dem 250 ccm König-Zweitaktmotor mit 5 PS und dem 300 ccm JAP-Viertaktmotor mit einer Angabe von 8 PS. Die letztere Ausführung war bis etwa Mai 1928 angeboten. Der Motorradrahmen in russischgrüner oder graublauer Lackierung mit schwarz und hellgrünen abgesetzten Flächen, war im Jahr 1926 bis zum Jahr 1928 auch einzeln erhältlich. Einbauteile wie den 250 ccm Zweitakt-Motor oder den 300 ccm JAP-Motor, das Sturmey-Archer Dreigang-Getriebe, Kickstarter oder andere Anbauteile konnte man ebenfalls über die Firma „Hohmeyer & Co. GmbH“ erwerben.
Die letzte Hoco-Motorradtype, im Zeitraum Mai bis Juni 1928, verwendete einen 5 PS „Baumi“-Motor mit 250 ccm Hubrauminhalt. Diese Motoren hatte man günstig aus der Konkursmasse des Mindener Herstellers „Baugesellschaft Michelsohn“ beziehen können. Ein fertiges Motorrad mit „Baumi“-Motor und Dreigang-Getriebe kostete 590 Reichsmark. Dies war wohl das letzte Motorradmodell unter dem Namen „Hoco“.
Nach einigen Umstrukturierungen in der Firma beschäftigte man sich in den folgenden Jahren und auch in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg im Wesentlichen mit der Herstellung und dem Verkauf von Steinschrotmühlen und landwirtschaftlichen Maschinen wie beispielsweise Mäh- und Feldhäcksler wie auch mit Ablade- und Fördergebläsen für Stroh, Heu oder Silage.
(Zusammengestellt von: Helmut Kraus. Mai 2025)
Quellen:
(1) Westfälische Zeitung, 1923
(2) Der Motorwagen, 1922
(3) Diverse Patentangaben
(4) Mindener Zeitung, 1919-1928
(5) Sonntagsblatt für Minden, 1919
(6) Die Glocke, 1921
(7) Deutscher Reichsanzeiger, 1921
(8) Kölnische Zeitung, 1922
(9) Westfälische neueste Nachrichten, 1923
(10) Hoppenstedt, Handbuch der deutschen Aktiengesellschaften, 1923/1924
(11) Mindener Tageblatt, 1924
(12) Münchner neueste Nachrichten, 1924
(13) Essener Anzeiger, 1924
(14) Lokal Anzeiger, 1924
(15) Hannoverscher Kurier, 1925
(16) Sonntagsblatt für Minden, 1925
(17) Das Motorrad, 1925
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