Harras
Informationen zum Hersteller
Motorrad-Vertrieb Carl Villeneve
Charlottenburg 4, Kaiser-Friedrich-Straße (1922)
H. Paradowski GmbH
Berlin N20, Hochstraße 33 (April 1921 – ca. 1926)
Hamag Harras Motoren AG
Berlin N20, Hochstraße 33 (Oktober 1923 – ca. 1924)
Werbeanzeigen für Harras Leichtmotorräder wurden zunächst im Herbst 1922 von der Firma „Titan-Motorrad-Werk“ in Zeitschriften inseriert. Die Firma hieß offiziell „Titan-Motorrad-Vertrieb Carl Villeneve“, wurde im September 1922 gegründet und im Dezember desselben Jahres wieder aus dem Handelsregister gelöscht. Die in der Werbung genutzte Abbildung war ein 1,9 HP starkes Zweitakt-Modell mit 39 kg Gesamtgewicht, besaß einen geschlossenen Rohrrahmen, Riemenantrieb, eine Startvorrichtung mittels Fußkurbel, Fußbretter und eine federnde Kurzschwinge am Vorderrad.
Das identische Werbebild des Motorrades zeigt dann Anfang des Jahres 1923 die Firma „H. Paradowski GmbH“.
Entstanden ist das Unternehmen „H. Paradowski GmbH“ am 21. April 1921 in Berlin-Oranienburg mit dem Geschäftszweck des Handels mit Maschinen, Werkzeugen und Materialien und der Übernahme von Geschäften. Geschäftsführer ist Hermann Paradowski aus Hohen Neuendorf, was im Norden von Berlin liegt.
Als Antriebsaggregat wird der „Voran“-Einbaumotor der Firma „Berliner Kleinmotoren AG“ eingesetzt. Bei einer Bohrung von 53 mm und einem Hub von 65 mm ergibt sich rechnerisch ein Hubraum von 143 ccm, die Steuerleistung beträgt also 0,72 PS. Mit diesem Wert liegt man noch unterhalb der Steuerbemessungsgrenze und kann das Leichtmotorrad steuerfrei und führerscheinfrei fahren. Im Betrieb leistet das Zweirad nahezu 2 PS. Übertragen wird die Leistung über ein Zweigang-Getriebe und einem Riemen auf das Hinterrad oder auch ohne Getriebe mit direktem Antrieb vom Motor. Bemerkenswert an dieser Maschine ist die patentierte Zündlichtanlage, die es ermöglicht, von demselben Magneten zu gleicher Zeit Licht- und Zündstrom zu entnehmen.
Als weitere Firma wird im Oktober 1923 die „Hamag Harras Motoren AG“ mit Sitz in Berlin gegründet. Gegenstand dieses Unternehmens ist die Herstellung und der Vertrieb von Motoren, Motorrädern und Kraftfahrzeugen sowie Zubehörteile zu diesen. Da die Gründung in der Hochphase der Inflation lag, war ein angegebenes Grundkapital von 30 Milliarden Mark nichts Ungewöhnliches. Als Vorstand der Gesellschaft agiert auch hier der Ingenieur Hermann Paradowski und als Gründer sind folgende Personen genannt:
- Kaufmann Johann B. Graef (siehe auch unter Motorradmarke „FLH“)
- Kaufmann Hugo Hartmann
- Ingenieur Franz Manthey
- Kaufmann Max Wirth
- Kaufmann Dr. phil. Reinhold Scheibler
Vermutlich wurden die bisherigen „Voran“-Motoren nun selbst gefertigt und mit einem „Harras“-Schriftzug versehen auch zum Einbau für andere Motorradhersteller angeboten. So wurde der Motor mit großer Wahrscheinlichkeit im "Festax"-Leichtkraftrad der Berliner Firma "Vinzelberg & Vetter GmbH" verwendet, welche auch schon 1922 den "Voran"-Motor offeriert hatte. Die Leistung der Motoren werden im folgenden Jahr mit 2,5 PS angegeben.
Beim Ostmärkischen Dreiecks-Rennen im April 1924 belegten die beiden Aktionäre Hartmann und Manthey mit diesen Maschinen in der Klasse bis 150 ccm den vierten und den fünften Platz. Ansonsten gab es nur eher regionale Wettbewerbsteilnahmen.
Nach 1924 findet man keine weiteren Angaben zu den Harras-Produkten mehr.
Da bis Ende 1926 von der „Hamag Harras Motoren AG“ noch kein Antrag auf Änderung zur Grundkapitalumstellung auf Reichsmark bei den Behörden vorgelegen hat, kann man davon ausgehen, dass die Aktiengesellschaft zu dieser Zeit nicht mehr aktiv war.
(Zusammengestellt von: Helmut Kraus. September 2024)
Quellen:
(1) Handelsregister Berlin, 1925
(2) Berliner Tageblatt, 1922
(3) Die Voss, 1922 – 1923
(4) Sport im Bild, 1923
(5) Adressbuch Berlin, 1923-1926
(6) Deutscher Reichsanzeiger, 1921-1923, 1926
(7) Berliner Börsen-Zeitung, 1923
(8) Illustrierte Motorzeitung, 1923
(9) Der Motorfahrer (Ö), 1924
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