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Gnädig

Informationen zum Hersteller

 

E. Gnädig, Motorradbau

Berlin-Oberschöneweide, Wilhelminenhofstraße 90 A                                                       (1924 - 1925)

 

Um den Namen „Gnädig“ ranken sich in der Motorradgeschichte Mythen. Hauptsächlich wird in der gängigen beschreibenden Motorradhistorie zum Motorradmodell „Krieger-Gnädig“, welches in Suhl gebaut wurde, der Name „Franz Gnädig“ als einer der Schöpfer dieser Maschine genannt. 

Motorräder der später erscheinenden Marke „Gnädig“ wurden von der Firma „E. Gnädig, Motorradbau“ in Berlin-Oberschöneweide angeboten und gebaut. Firmeninhaber war der Ingenieur Erich Gnädig, wohnhaft in Berlin-Johannisthal, Sternplatz 5. Wobei diese Adresse schon mindestens seit 1919 dessen registrierter Wohnsitz war. Schon vor dem Ersten Weltkrieg befasste sich Erich Gnädig mit der Flugzeugtechnik, als er noch in Staaken, einem Ortsteil von Berlin-Spandau, wohnte. So erstellte er für eine Fachausstellung das Modell eines Zweiflächenfliegers. Da nach dem Ersten Weltkrieg zunächst der Flugzeugbau nicht wieder aufgenommen werden durfte, schaute man sich in den Konstruktionsabteilungen nach anderen lohnenden Produkten um, an denen man arbeiten und Geld verdienen konnte. Oftmals kam man auf den boomenden motorisierten Zweiradsektor. So wandte sich Erich Gnädig diesem Bereich zu und entwickelte einen Rahmenaufbau für Motorräder, den er 1919 als Patentanmeldung einreichte und welcher 1921 als Patent angenommen wurde. Die in diesem Patent dargestellte Rahmenkonstruktion entspricht im Wesentlichen dem Rahmenaufbau des 1920 erschienenen „Krieger-Gnädig“-Motorrades. Da der Motor der Krieger-Gnädig Maschine auch sehr starke konstruktive Anleihen aus dem Flugzeugbau aufweist und der Kontur des Motors aus der Patentschrift sehr nahekommt, kann man annehmen, dass Erich Gnädig an der Entwicklung der Krieger-Gnädig Maschine konstruktiv stark beteiligt war. Ein Name Franz Gnädig war in diesen Zusammenhängen in historischen Quellen im Zuge dieser Recherche nicht zu entdecken. Aus manchen Zeitungsberichten zum „Gnädig“-Motorrad werden ähnliche Indizien genannt, die eher für Erich Gnädig als Konstrukteur der Krieger-Gnädig sprechen.

Der Konstrukteur aus Berlin-Johannisthal hatte, als man wieder im Flugzeugbau tätig werden durfte, einen Zweizylinder-Boxermotor für Kleinflugzeuge entwickelt, welcher von der Firma Ernst Herbert Kühne Leichtmetallwerk GmbH in Dresden gebaut werden sollte. Erich Gnädig kannte Ernst Herbert Kühne, den „Alten Adler“, wie man die ersten geprüften Flugzeugführer der Jahre 1910 bis 1914 nannte, vermutlich über das gemeinsame Flugtechnik-Interesse. 

Die Ventil-Stoßstangen saßen bei diesem Aggregat nicht mehr wie beim Krieger-Gnädig-Motor und wie bei vielen typischen Flugzeug-Sternmotoren vor dem Zylinder, sondern waren nun seitlich am Zylinder angeordnet. Die Zylinder hatten eine Bohrung von 84 mm und einen Hub von 96 mm, was bei unterschiedlichen Drehzahlen eine Leistung zwischen 12 bis 24 PS erbrachte.

Diesen konzeptionellen Aufbau, welcher auch in jener Zeit das typische Konstruktionsprinzip für moderne ohv-Antriebe im Motorradbau war, verwendete Erich Gnädig auch für die Neukonstruktion eines 350 ccm und eines 250 ccm Motors, welche beide für den Einsatz in Motorrädern vorgesehen waren. Ausgelegt war der größere Motor mit einer Bohrung von 72 mm und einem Hub von 86 mm. Die Motoren wurden vermutlich zunächst selbst produziert, da Gnädig Lieferanten per Zeitungsannoncen suchte, die diverse Komponenten mechanisch bearbeiten sollten. Daneben weist das Berliner Adressbuch Gnädigs Firma explizit als „Motorenfabrik“ aus.

Die Konstruktion und die ersten Muster wurden vermutlich schon 1923 fertiggestellt, da bereits zur Deutschlandfahrt 1924 Fahrtteilnehmer mit diesem Motor unter der späteren Motorenmarke „Kühne“ am Rennen teilnahmen, so zum Beispiel der Hannoveraner Motorradhändler Hugo Görland. In Werbeanzeigen machte die Firma Ernst Herbert Kühne kurze Zeit später auf diese erfolgreiche Rennteilnahme aufmerksam. Erich Gnädig verkaufte seine Konstruktion vermutlich an die Firma Ernst Herbert Kühne Leichtmetallwerk GmbH, Dresden, welche diese Motoren im Folgenden produziert und an zahlreiche Motorradhersteller verkauft hat. Kühne benannte den 350 ccm Motor als „Type A“, der mit ca. 16 PS Leistung präsentiert wurde und den 250 ccm Motor als „Type B“, der ca. 10 PS an der Bremse abgab. Bei den Motorradkonfektionären und wohl auch bei den Endkunden war der 350 ccm Motor sehr beliebt.

Auch Erich Gnädig selbst konstruierte ein komplettes Motorrad, in dem er diese große Motorenausführung einbaute. Die Kraftübertragung erfolgte hier über ein Dreigang-Getriebe via Kette zum Hinterrad. Die Linienführung hatte leichte Anleihen vom Krieger-Gnädig Fahrgestell und besonders die Satteltankausführung war verblüffend ähnlich in der gleichen geschmackvollen Formgebung umgesetzt, wobei verspiegelte Tankfelder dem Ganzen einen sehr gefälligen Glanzpunkt verliehen. Gleich mehrere Federelemente arbeiteten in der modernen Parallelogrammgabel und ein Schalldämpfer sorgte sicherlich für einen sonoren gedämpften Klang. Leider wurde dieses Modell nicht allzu lange produziert. Lediglich im Jahre 1925 tauchten diese Krafträder in den Preislisten und in Fahrzeugausstellungen auf.

Während der kurzen Produktionszeit waren auch nicht allzu viele Sporteinsätze des Modells in den Aufzeichnungen zu finden. Wie oben schon erwähnt nahm beispielsweise Hugo Görland an der Deutschlandfahrt 1924 auf einer 350 ccm „Gnädig“-Maschine teil und erhielt für seine gute Leistung eine bronzene Plakette. Einen Monat später fuhr er beim Hainbergrennen in Göttingen mit und erreichte dort den Ersten Platz. Auch im Jahre 1925 sah man Görland nochmals bei der Deutschlandfahrt als Teilnehmer. Gnädig-Maschinen waren 1924 zudem bei Rennen in Suhl, beim Rennen um Senftenberg und bei Zuverlässigkeitsfahrten bei Belzig und Cottbus in den Nennungslisten. Im Frühjahrsrennen im Mai 1925 und beim Herbstrennen im September auf der Berliner AVUS wurde ebenfalls auf „Gnädig“-Motorrädern gefahren. Hier waren im September die „Gnädig“-Fahrer Fritz Straßberger aus Schönau und Alexander von Novicoff, bzw. Novicof aus Berlin am Start. Danach konnte bisher nichts mehr zur Firma „E. Gnädig, Motorradbau“ gefunden werden.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wohnte Erich Gnädig in München-Großhadern, von wo er Anfang der 50er Jahre ein Patent für eine Fahrrad-Hilfsmotor-Anordnung und auch ein Patent für eine Werkzeugschleifmaschine einreichte.

 

(Zusammengestellt von: Helmut Kraus. September 2024)

Quellen:

(1)   Norddeutsche allgemeine Zeitung, 1909

(2)   Adressbuch Berlin, 1919-1927

(3)   Der Motorfahrer, 1924

(4)   Berliner Tageblatt, 1924

(5)   Flugsport, 1925

(6)   Adressbuch Hannover, 1924

(7)   Patentblatt, Rahmenaufbau für Motorräder

(8)   Patentblatt, Fahrrad-Hilfsmotor-Anordnung

(9)   Patentblatt, Werkzeugschleifmaschine

(10) Motor und Sport, 1925

(11) Österreichische Auto und Motorrad-Zeitung


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