Europa
Informationen zum Hersteller
EUROPA-Motorradbau, Max Vorbauer
München, Sendlingerstraße 76 (Ausstellungs- und Verkaufsraum) (1932)
München, Rückertstraße 6 (Verkaufsbüro) (1931 - 1932)
Max Vorbauer senior (1933)
Ab 6. Februar 1919 betreiben die Kaufleute Max Vorbauer und Wilhelm Reichenwallner in der Münchener Landwehrstraße unter ihrer Firma „Vorbauer & Reichenwallner“ als offene Handelsgesellschaft einen Großhandel für Fahrräder. Insbesondere Fahrräder der Marke „Dixi“ aus Eisenach sind für den Vertrieb in den Gebieten Bayern, Württemberg und Baden bestimmt und wurden von Vorbauer bereits vor dem Ersten Weltkrieg in München verkauft.
Max Vorbauer war im Radsport aktiv, sowohl als Fahrer, wie auch organisatorisch in Vereinen. So siegte Vorbauer beispielsweise im Jahr 1921 beim sogenannten „Strohfahren“-Radrennen des Radrennklubs München, dessen Geschäftsstelle er 1923 übernimmt. Als sportlicher Leiter des bekannten Rad- und Motortags auf der Trabrennbahn in Daglfing nahm er die Idee zur Errichtung einer Münchner Fliegerbahn auf und begann diese umzusetzen, nachdem der Stadtrat München die damalige Ausstellungsarena hierfür zur Verfügung stellte. Die Bahn wurde als 240-Meter-Holzbahn nach Art der Sechstagerennen konzipiert. Deren Fahrfläche war durchweg sechs Meter breit und mit sieben Grad überhöht ausgeführt. Ausreichend Platz für circa 3000 Besucher, hiervon etwa die Hälfte als Sitzplätze, war gegeben. Die Pläne dazu stammten vom Architekten Brehmer, während die Arbeiten der Zimmermeister Joseph Ruprecht ausführte, der sich bereits durch die Erbauung seiner bekannten Achter- und Gebirgsbahnen einen guten Namen machte. Technischer und sportlicher Leiter der Bahn wurde der bekannte Münchner Sportsmann Hans Kurzenberger.
Um 1930 übernimmt die Firma „Max Vorbauer“ den Import und Verkauf der englischen Motorradmarken „Coventry-Eagle“ und „New Imperial“. Über die Münchener Fahrzeughändler „E. Hauslich“, „E. & G. Lassnack“, „Georg Willeitner“ und „Karl Theato“ werden diese neben der eigenen Verkaufsstelle der Kundschaft zum Kauf angeboten. Bei „Karl Theato“ ist Max Vorbauer Mitgesellschafter des seit August 1928 als offene Handelsgesellschaft betriebenen Sportgeschäfts.
Als Ergänzung im Bereich der Fahrräder mit Hilfsmotor wird auch der 0,75 PS-Kolibri-Motor des Münchner Herstellers „Werkzeug- und Kleinmotorenbau GmbH“ in Generalvertretung für ganz Deutschland offeriert. Den kleinen Motor benennt man kurze Zeit später um in „Markus“-Motor und dieser wird wahlweise als Einbaumotor oder eingebaut in einem Dixi-Fahrrad angeboten.
Im Frühjahr 1931 übernimmt man statt den Coventry-Eagle Maschinen den Vertrieb der in Nürnberg hergestellten Mammut-Motorräder, die zu dieser Zeit auf Coventry-Eagle Fahrgestell-Konstruktionen basieren.
Ähnlich wie bei diesem Nürnberger Motorradhersteller erhält Max Vorbauer das alleinige Recht seitens Coventry-Eagle zur Herstellung eines ihrer Motorradmodelle, dem Typ „Marvel“. Unter dem Firmennamen „‘Europa‘-Motorradbau, Max Vorbauer“ nimmt man im Sommer 1931 die Fertigung dieses in England mit großem Erfolg eingeführten 100 ccm-Motorrades auf. Das unter dem Markennamen „Europa“ angebotene Kleinmotorrad ist anfangs für 375 Reichsmark erhältlich. Die Ausführung für den Einsatz im Stadtverkehr wie auch als Tourenfahrzeug machte einen zuverlässigen Eindruck. Wegen seiner niedrig gehaltenen Bauart und dem geringen Gewicht war es besonders für die Verwendung als Damen-Motorrad geeignet. Der verwendete englische Villiers-Motor besaß einen Hubraum von 98 ccm, bei einer Bohrung und einem Hub von jeweils 50 mm. Erreicht wurden damit 2 PS Leistung und zusammen mit einem Fahrzeuggewicht von nur 54 kg konnte eine Geschwindigkeit von ca. 50 km/h erzielt werden. Die Zündung übernahm ein Schwungradmagnet und zur Übertragung der Motorleistung war ein englisches Albion-Zweigang-Getriebe verbaut. Ausreichend dimensionierte Innenbackenbremsen an Vorder- und Hinterrad gewährleisteten ein sicheres Fahren. Einige Fahrzeugkomponenten variierten, so war beispielsweise kurze Zeit später eine Rohrfedergabel statt der englischen Stahlpressgabel als Ausstattungsvariante erhältlich. Die ansprechende tiefschwarze Emaillierung, mit Goldlinien abgesetzt, eine „Europa“-Gold-Aufschrift und eine Anzahl von verchromten Bauteilen erzeugten zudem ein gefälliges Erscheinungsbild. Das Modell war bis Frühjahr 1933 erhältlich. Neben dem Verkauf an die Händler richtete man zur direkten Vermarktung in der Münchener Sendlinger Straße 76 im Parterre und im 1. Stock einen Ausstellungs- und Verkaufsraum für die Motorräder und für die Dixi-Fahrräder ein. Eine Ski-Abteilung findet sich dort ebenso im ersten Stock. Das leichte Motorradmodell wird in ganz Deutschland, speziell in Norddeutschland angeblich sehr gut angenommen.
Ab Januar 1932 bringt die Firma eine Maschine mit dem im Herbst des Vorjahres herausgekommenen englischen Villiers 148 ccm Long-Stroke-Doppelport-Motor Typ „MK XII-C“ heraus, der genug Leistung für 80 km/h Geschwindigkeit gewährleistete. Das Motorrad ist hierfür mit einem Hurth-Dreigang-Getriebe, Kickstarter und Kupplung ausgestattet, alternativ war auch ein Zweigang-Getriebe auswählbar. Die Zylinderbohrung des Motors beträgt bei diesem Motor 53 mm, der Hub ist mit 67 mm ausgelegt. An der Bremse leistet das Antriebsaggregat 4,5 PS. Das Modell besitzt in der späteren Ausstattung einen modernen Satteltank und war ansonsten vergleichbar wie das 100 ccm Modell ausgeführt.
In München wird im Februar 1933 die Firma „Max Vorbauer junior“ ins Handelsregister eingetragen. Der Inhaber ist Kaufmann Max Vorbauer Junior, der an der Sendlinger Straße 76 unabhängig von seinem Vater einen Kleinhandel mit Motor- und Fahrrädern, Skiern sowie Zubehör betreibt. Die Firma „Max Vorbauer“ wird in diesem Zusammenhang in „Max Vorbauer senior“ umbenannt.
Während der Saison 1933 brachte man ein Modell mit 200 ccm Zweitakt-Einbaumotor, angeblich der Marke „Schliha“, auf den Markt. Mit einem eingebauten Viergang-Getriebe, welches nun anscheinend auch für das 150 ccm Modell eingesetzt wurde, sowie ausgestattet mit elektrischer Lichtanlage und Hupe lag der Preis für dieses Modell nach Listenangaben bei etwa 545 Reichsmark.
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten war es kaum noch möglich Motoren, wie beispielsweise die englischen Villiers-Motoren, aus dem Ausland zu beziehen. Das Unternehmen hatte infolgedessen mit wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen. Zwangsläufig wurde daraufhin am 15. September 1933 das Konkursverfahren über das Vermögen des Max Vorbauer Senior, Inhaber der Firma „Max Vorbauers senior“ (Großhandlung in Fahr- und Motorrädern) eröffnet, welches durch beendeten Zwangsvergleich im Juli 1934 aufgehoben wird. Die Firma wird schließlich im Februar 1935 aus dem Handelsregister gelöscht.
(Zusammengestellt von: Helmut Kraus. April 2025)
Quellen:
(1) Adressbuch München 1910-1911
(2) Badische Presse, 1930
(3) Allgemeine Zeitung, 1924
(4) Deutscher Reichsanzeiger, 1919, 1928, 1933-1935
(5) Münchner neueste Nachrichten, 1921, 1923-1924, 1930-1932
(6) Fürstenfeldbrucker Zeitung, 1932
(7) Grafinger Zeitung, 1930, 1932
(8) Kölnische Zeitung, 1933
(9) Das Motorrad, 1933
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