Ermag
Informationen zum Hersteller
Erlanger Motoren-AG
Buckenhof bei Erlangen (September 1923 – ca. 1927)
Erlangen, Rathenaustraße 16 (1927 – ca. 1930)
Die „Erlanger Motoren-AG“ entstand durch das Inkrafttreten des entsprechenden Gesellschaftsvertrags vom 10. September 1923. Die Unterzeichner hierzu waren:
- Albert Roder
- Karl Zirkel, Techniker in Forchheim
- Hans Siebenkees, Fabrikant in Buckenhof
- Hans Paulus, Ingenieur in Erlangen
- Karl Ehemann, Bücherrevisor in Bamberg
Sämtliche ausgegebenen Aktien wurden von den oben genannten Gründern der Aktiengesellschaft übernommen. Gegenstand des Unternehmens war die Herstellung und der Vertrieb von Kraftfahrzeugen und Motoren aller Art sowie den zugehörigen Artikeln. Zum Vorstand der Gesellschaft wurde Albert Roder benannt.
Albert Roder und Karl Zirkel hatten bereits 1921 in der Firma „Ziro-Motorenwerke GmbH“ in Forchheim zusammengearbeitet und dort Motorradmodelle unter Verwendung eigener Zweitaktmotoren hergestellt. Der ideenreiche Albert Roder setzte diese Entwicklung seiner Zweitaktmotoren in der Erlangener Firma fort. Der dort neu entwickelte Motor war ausgelegt mit einer Zylinderbohrung von 65 mm und einem Hub von 75 mm, was ca. 250 ccm Hubvolumen ergibt und einer Steuerleistung von 1,43 PS entspricht. Im Vergleich zu anderen Zweitaktmaschinen war der Einzylindermotor sehr leistungsstark mit einer angegebenen Bremsleistung von 7 PS und einer effektiven Leistung von 2,5 PS. Die beachtliche Motorleistung wird unter anderem erzielt durch Verwendung eines Stufenkolbens, der eine Vorverdichtung des Gasgemisches erzeugt, ähnlich einem Kompressor.
Für einen guten Schutz war der verwendete UH-Zündmagnet hinter dem Zylinder platziert und eine gute Parallelogramm-Gabel übernahm die Abfederung des Vorderrades. Sehr modern war auch die Kraftübertragung per Kette auf das Hinterrad. Dieses „Kompressor“-Modell mit der Typenbezeichnung „E.M. 24“ wurde unter der Marke „E.M.A.G.“ bis ins Jahr 1926 über Werbeanzeigen in der Fachpresse angeboten.
Der Mitgesellschafter Hans Siebenkees betrieb vor dieser Firmengründung in Buckenhof eine mechanische Werkstätte, in der er unter anderem Zulieferteile für die Motorradfabrik „Ziro“ herstellte. Er stellte der Erlanger Motoren-AG wohl die Fertigungsstätte zur Verfügung.
Den Vertrieb der hergestellten Motorräder übernahm der Ingenieur und Mitaktionär Hans Paulus zusammen mit seinem Bruder Michael, die Inhaber der Fahrzeughandlung „Georg Paulus“ in Erlangen waren. Neben den E.M.A.G.-Motorrädern wurden dort auch Protos- und Wanderer-Automobile sowie Fahrräder, Nähmaschinen und andere Haushaltsmaschinen verkauft. Eine Reparaturwerkstatt war ebenfalls angeschlossen.
Auch im sportlichen Bereich treten diese E.M.A.G.-Maschinen immer wieder erfolgreich in Erscheinung. Insbesondere Fahrer wie Perl, Gerlach und Pfannenmüller erzielen respektable Podestplätze bei den Rennveranstaltungen, im Jahr 1924 beispielsweise beim Solitude Rennen, beim Ködelberg Rennen oder bei der Bayerischen Bergmeisterschaft. Auch bei der Fränkischen Zuverlässigkeitsfahrt wird die Qualität des E.M.A.G.-Motorrades unter Beweis gestellt und auch bei der ADAC-Deutschlandfahrt nehmen drei dieser Maschinen mit gutem Ergebnis teil.
Im Modelljahr 1926 schwenkte man dann um von Zweitakt- auf Viertaktmotoren. Es wurden hiervon eine kleine 250er Sportmaschine mit oben gesteuerten Ventilen und eine große 500er Tourenmaschine mit seitlich gesteuerten Ventilen angeboten. Beides waren eigene Motorenkonstruktionen. Ungewöhnlich war bei der Viertelliter-ohv-Maschine die Positionierung der Nockenwelle hinter dem Zylinder. Infolgedessen waren die Stößelstangen zum Ansteuern der Ventile ebenfalls in diesem Bereich angeordnet. Zudem verwendete man Haarnadelventilfedern, die zeitweise im Rennsport gerne eingesetzt wurden. Auf der linken Seite war eine außenliegende Schwungscheibe angebracht und für eine ausreichende Kühlung wurde der Krümmer mit einigen Kühlrippen versehen. Das Motorrad hatte eine Leistung von 12 PS und verfügte über ein Dreigang-Getriebe. Das größere 500 ccm Modell mit der Typenbezeichnung „U 500“, das im April 1926 dem Bayerischen Revisionsverein zur Prüfung vorgestellt wurde und dort zum Einsatz für den Straßenverkehr zugelassen wurde, besaß ein gleiches Fahrgestellkonzept. Die Leistung war ebenso mit 12 PS angegeben. Ab diesen beiden Modellen verwendete die Firma dann die Markenbezeichnung „ERMAG“.
Unter dem neuen Markennamen werden nun auch öfters Siege bei den sportlichen Wettbewerben eingefahren. Neben den bereits oben genannten Rennteilnehmern erreichen unter anderem Curt Sachs aus Reichenbach und der bekannte Nürnberger Hans Hieronymus sehr gute Platzierungen in diversen Rennveranstaltungen.
Da anscheinend die Nachfrage nach den Motorrädern die Produktionskapazitäten überschritt, zieht man um in eine neue Fertigungsstätte in die Rathenaustraße 16, welche dann als „Betrieb I“ bezeichnet wird, behält aber zunächst den Firmenstandort Buckenhof weiter aufrecht, der dann als „Betrieb II“ angegeben ist.
Das notwendige Kapital für diese Geschäftserweiterung wurde vermutlich durch Kapitalerhöhung mittels Ausgabe neuer Aktien generiert. Aufgrund dessen im Mai 1927 drei weitere Mitglieder in den Aufsichtsrat aufgenommen wurden. Die neuen Aufsichtsräte waren:
- Dr. Hanns Krafft, Rechtsanwalt in Nürnberg
- Dr. Otto Puckenwald, Volkswirtschaftler in Erlangen
- Karl Vogt, Techniker in Erlangen
Bereits zu dieser Zeit sind Zahlungsschwierigkeiten der „Erlanger Motoren AG“ dokumentiert.
In einer der folgenden Generalversammlungen wurden schließlich die Herren Dr. J. Berninger (Erlangen), Karl Zirkel (Forchheim) und Hans Siebenkees (Erlangen) aus dem Aufsichtsrat abberufen, denen zudem eine Entlastung ihrer Leitungsposition nicht erteilt wurde. Weiterhin wurde Ludwig Schödel, Ingenieur aus Nürnberg, in den Aufsichtsrat gewählt, da Karl Vogt aus dem Aufsichtsrat wieder ausgeschieden war. Schödel war der Inhaber des Anwesens in der Rathenaustraße 16. In dieser neuen Zusammensetzung wird entschieden, den bisherigen Vorstand Albert Roder abzuberufen, dem vermutlich ebenfalls die geschäftliche Entlastung verweigert wurde, und als neuen Vorstand Herrn Wilhelm Weber (Erlangen) einzusetzen. Möglicherweise hängen diese Entscheidungen mit finanziellen Unkorrektheiten im Zusammenhang mit der Erlanger Sparkasse zusammen, wonach der zuständige Sparkassenleiter Hans Polster der „Erlanger Motor AG“ ohne Befragen des Sparkassenausschusses ungedeckte Kredite gegeben hatte und dieser später deswegen zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wurde. Albert Roder wechselte anschließend nach Nürnberg zur Firma Zündapp.
Nach dem Ausscheiden aus dem Aufsichtsrat befasste sich Hans Siebenkees in seiner Buckenhofer Werkstatt mit der Herstellung von mechanischen Erzeugnissen. Unter anderem produzierte er unter dem Namen „Siebenkees“ handliche elektrische Haarschneidemaschinen. Die Firma „Siebenkees“ existiert heute noch und hat sich auf die Produktion von CNC-Präzisionsteilen spezialisiert.
Ein paar Monate später nach dem Siebenkees das Unternehmen verlassen hatte, wurde der neue ERMAG-Vorstand Wilhelm Weber ebenfalls abberufen und durch den Erlangener Techniker Karl Vogt, der bereits Aufsichtsratsmitglied war, ersetzt.
Da der Motorenkonstrukteur Roder das Unternehmen verlassen hatte und auch die eigene Motorenherstellung vermutlich beendet wurde, verwendete man für ein neu herausgebrachtes Motorradmodell mit der Typenbezeichnung „G.V.I“ den wechselgesteuerten 13,5 PS MAG-Einbaumotor aus der Schweiz. Der Rahmen für diese Motorradausführung war wahrscheinlich identisch mit dem der Type „U 500“. Die „G.V.I“ war das letzte Modell, welche von ERMAG auf den Markt gebracht wurde. Einige Zeit später wurde die Firma geschlossen und schließlich im Oktober 1935 von Amts wegen aus dem Handelsregister gelöscht.
(Zusammengestellt von: Helmut Kraus. August 2024)
Quellen:
(1) Adressbuch Erlangen, 1925, 1927, 1929
(2) Deutscher Reichsanzeiger, 1924, 1928, 1935
(3) Motor und Sport 1926-1930
(4) Der Motorrad-Markt, 1927
(5) Das Motorrad, 1929
(6) Preisliste, 1925
(7) Münchner neueste Nachrichten, 1925
(8) Mettmanner Zeitung, 1928
(9) Diverse Tageszeitungen, Sportteil
(10) Firmenseite Siebenkees.de
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