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Baier

Informationen zum Hersteller

 

Motoren & Apparate-Fabrik Wilhelm Baier

Charlottenburg, Windscheidstraße 10                                                       (Februar 1924 – mind. bis Nov. 1924)

Baier Motorrad GmbH

Berlin-Grunewald, Schleinitzstraße 10                                                      (ab 1922)

Charlottenburg, Kaiserdamm 110                                                             (1922 - 1924)

Charlottenburg, Windscheidstraße 10                                                       (1924 – 1928)

Baier & Co. GmbH

Charlottenburg, Windscheidstraße 10                                                      (ca. 1924 – ca. 1925)

Charlottenburg, Knobelsdorffstraße 14                                                     (ca. 1926 – 1928)

Baier-Motorenbau GmbH

Berlin-Charlottenburg, Bismarckstraße 3                                                 (Januar 1928 – 1929)

 

Der Berliner Ingenieur Wilhelm Baier betrieb seit Dezember 1912 zusammen mit dem Kaufmann Ludwig Wermann aus Charlottenburg die „Großberliner Autofachschule Wilhelm Baier GmbH“ in Charlottenburg. Es wurden hier Personen zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgebildet und Automobile sowie Zubehörteile gehandelt. Seitens Ludwig Wermann werden zu diesem Zweck zwei Automobile, ein 22 PS Bergmann-Wagen und ein 14 PS Adler-Wagen, sowie die Büroeinrichtung und von Wilhelm Baier die Einrichtung des Lehrsaales in das Unternehmen eingebracht. Gleichzeitig mit der im Mai 1913 folgenden Umbenennung in „Charlottenburger Autofachschule GmbH“ steigt Wilhelm Baier allerdings wieder aus der Firma aus.

Wilhelm Baier gründet im Jahr 1922 die „Baier & Co. GmbH“, eine Metall-Schraubenfabrik und Facondreherei, mit Geschäftsadresse in der Charlottenburger Windscheidstraße 10. Als Geschäftsführer ist Wilhelm Baier eingetragen. Der Firmensitz wird ein paar Jahre später, um ca. 1926, in die Charlottenburger Knobelsdorffstraße 14 verlegt. Eigentümer dieses Areals ist der Kaufmann H. Kosfeld, der 1925 im gleichen Haus wie Wilhelm Baier wohnhaft war. Circa 1928 geht die Firma „Baier & Co. GmbH“ in die Liquidation.

Bereits vorher, im August 1919, eröffnete Wilhelm Baier zusammen mit dem Kaufmann Robert Klein aus Berlin-Steglitz an gleicher Adresse in der Charlottenburger Windscheidstraße 10 die „Auto-Halle Baier & Klein, Charlottenburg“ in der rechtlichen Form einer offenen Handelsgesellschaft. Im Juni des folgenden Jahres löst man die gemeinsame Gesellschaft aber auf und Wilhelm Baier wird alleiniger Inhaber. Sein bisheriger Mitgesellschafter Robert Klein arbeitet als Prokurist im Unternehmen weiter. Gehandelt werden hier Automobile, Zubehör und auch Reparaturarbeiten werden offeriert. Zudem werden etwas später Motorräder in die Angebotspalette aufgenommen. Wahrscheinlich handelte es sich hierbei insbesondere um die eigenen „Baier“-Motorräder. Wilhelm Baier benennt die Firma im Februar 1924 um in „Motoren & Apparate-Fabrik Wilhelm Baier, Charlottenburg“. Prokurist ist nun Ludwig Knieling aus Berlin-Halensee. In der Abteilung II des Unternehmens befasste man sich mit der Entwicklung und Fabrikation von Baier-Motoren.

Die ersten Baier-Motorräder kamen im Jahr 1923 auf den Markt. Es handelte sich hier um Leichtmotorräder mit eigenen 149 ccm Zweitakt-Einzylindermotoren, die eine Leistung von 2,5 PS aufwiesen. Der Motor war mit dem Zylinder leicht schräg nach vorne ausgerichtet in einem Rohrrahmenfahrgestell eingebaut, an dem eine übliche Pendelgabel die Vorderradfederung übernahm. Angetrieben wurde das Hinterrad über einen Riemen.

Mit einem solchen Modell wurden bereits 1923 erste Rennen bestritten. So starteten Wilhelm Baier und sein Bruder Karl am 06. Mai 1923 in der Klasse bis 150 ccm beim Berliner Stadion Rennen des Deutschen Motorradfahrer Verbands (DMV). Wilhelm Baier erreichte hier den vierten Platz, sein Bruder musste leider wegen eines Schadens am Motorrad und dem folgenden Sturz aufgeben. Im Rennen bis 200 ccm kam Wilhelm Baier ebenfalls auf den vierten Platz. Mit dem gleichen Modell erzielte der bekannte Berliner Rennfahrer Rudolf Schirmer Ende September 1923 einen 24-Stunden Weltrekord. Wilhelm Baier engagierte sich auch im DMV bei notwendigen Organisationsaufgaben.

Um die Entwicklung und um die Herstellung der Baier-Motoren kümmerte sich in erster Linie die „Motoren & Apparate-Fabrik Wilhelm Baier“, die Motorräder wurden von der Firma „Baier Motorrad GmbH“ gebaut. Sitz der "Baier Motorrad GmbH" war nach Handelsregister die Schleinitzstraße 10 in Berlin-Grunewald. Das Unternehmen entstand aus der im Mai 1922 als „Invulner-Vertrieb Groß-Berlin u. Brandenburg GmbH“ gegründeten Firma, welche ein gutes Jahr später, im Juni 1923, in „Baier Motorrad GmbH“ umbenannt wurde. Gegenstand des Unternehmens war die Herstellung und der gewerbsmäßige Vertrieb von Motorrädern nach dem System Baier, sowie gewerbsmäßiger Handel mit Baier-Motoren. Die Produktionsstätte scheint anfangs die Adresse Charlottenburg, Kaiserdamm 110 gewesen zu sein. Geschäftsführer der „Baier Motorrad GmbH“ waren Wilhelm Baier und Max Hering. Als Prokurist ist auch hier Ludwig Knieling angegeben, der später zum weiteren Geschäftsführer benannt wird. Ab 1924 befindet sich die Firma an der Windscheidstraße 10. An gleicher Anschrift wurde eine zusätzliche Vertriebsgesellschaft, der „Automobil-Bedarf Groß-Berlin GmbH, Charlottenburg“ („A.B.C.“), eingerichtet. Eine Filiale dieser Vertriebs-GmbH war auch in Stuttgart tätig, die für diese Region die Baier-Motorräder bewarb.

Zur Saison 1924 wurde dann das Modell 24 Type B vorgestellt. Das Antriebsaggregat des Motorrades war in Blockbauweise konstruiert, das heißt, der Motor und das Getriebe hatten ein gemeinsames Gehäuse. Bezeichnet wurde das Aggregat als „Baier-Höchstleistungsmotor“. Mit einer Zylinderbohrung von 61 mm und einem Hub von 68 mm ergab sich für den luftgekühlten Einzylinder-Zweitaktmotor ein Hubvolumen von 198 ccm, woraus eine Effektivleistung von 4 PS erreicht werden konnte. Das Zweigang-Getriebe war mit Leerlauf, Konus-Kupplung und Kickstarter versehen und zur Zündung verwendete man einen Mea- oder einen Bosch-Zündmagneten. Ein breiter Keilriemen übertrug die Antriebsleistung auf die Riemenfelge des Hinterrads. Eingebaut war der Motor in ein gemufftes Doppelrohrfahrgestell, wobei hier moderne Innenbremsen im Vorder- und Hinterrad verwendet wurden. Hinsichtlich der Vorderradfederung konnte man zwischen einer Parallelogrammgabel der Berliner Firma Franz Krause („FKS“) oder einer Gabel mit vertikaler Blattfeder wählen. So ist es dann nicht verwunderlich, dass dieses Baier-Motorradmodell gleichzeitig auch unter der Marke „FKS“ verkauft werden durfte. Man verkaufte den Motor zudem an andere Firmen, beispielsweise ist er im Modell Typ C des sächsischen Motorradherstellers „Zetge“ zu finden und auch im 4 PS Preßstahlrahmenmodell von Eichler wurde dieser Motor verwendet.

Baier brachte kurze Zeit später eine nahezu gleiche Ausführung mit vergrößertem Hubraum auf den Markt. Die Zylinderbohrung wurde hierfür auf 68 mm geändert und so entstand nun ein Hubraumvolumen von 249 ccm, aus dem eine Leistung von 5 PS erreicht werden konnte. Dieses Modell wurde bis 1925 angeboten, sowohl in einer Ausführung mit Antrieb über Riemen als auch alternativ mit Kettenantrieb. Beworben wurde diese Maschine in Berlin von der „Wendriner Aktiengesellschaft“, die als Generalvertretung für Baier-Motorräder fungierte. Daneben verkaufte die Berliner Motorradfirma „Württembergia“ dieses Modell von 1925 bis ca. 1926 unter Verwendung ihres eigenen Markenzeichens als Modelltyp „AR“ (Riemenausführung), „AK“ (Kettenausführung), bzw. „AS“ (Sportausführung).

Eine gerichtlich angeordnete Geschäftsaufsicht wurde nach Antrag der „Baier-Motorrad GmbH“ am 25. August 1924 wieder aufgehoben und im direkten Anschluss wird am selben Tag durch das Amtsgericht Charlottenburg das Konkursverfahren über das Vermögen der „Baier Motorrad GmbH“ eröffnet. Das Verfahren zieht sich allerdings bis 1928 hin. Die Motorräder werden infolgedessen unter der Ägide der noch parallel existierenden Firma „Baier & Co.“ hergestellt und verkauft, zunächst noch in der Windscheidstraße, ab ca. 1926 dann in der Knobelsdorffstraße.

Bei vielen Rennen nehmen die Baier-Maschinen in den kleinen Rennklassen sehr erfolgreich teil. So erzielen hauptsächlich die Gebrüder Baier, sowie die beiden Rennfahrer Josef Thevis und Hans Nagel immer wieder sehr gute Ergebnisse in den sportlichen Wettbewerben wie zum Beispiel beim Ostmärkischen Dreiecksrennen, dem Solitude Bergrennen bei Stuttgart, den Herkules Rennen bei Kassel, beim Bahnrennen in Hannover und bei etlichen Berliner Rennen auf der AVUS, bzw. im Berliner Stadion. Bei Zuverlässigkeitsprüfungen wie der ADAC-Reichsfahrt 1924 und bei der Deutschlandfahrt 1925 sind Baier Maschinen in den Klassen bis 250 ccm am Geschehen beteiligt.

Für Aufsehen in den Fachkreisen sorgt die Präsentation des neuen Motorradmodells Anfang des Jahres 1927. Der hier verwendete Zweitakt-Motor hatte einen Zylinderinhalt von 500 ccm und einen sogenannten U-Zylinder. Hierunter versteht man zwei nebeneinanderstehende Zylinder, die einen gemeinsamen Verbrennungsraum haben. Auch bei diesem Motor erfolgt die Gasführung nach dem Dreikanalprinzip, wobei ein Kolben den Auslaßschlitz und der zweite Kolben den Einlaßschlitz steuert. Der Auslaßkolben arbeitet direkt auf der Kurbelwelle. Die Pleuelstange des Einlaßkolbens ist an der Winkelpleuelstange des Auslaßkolbens angelenkt. Durch diese besondere Kinematik können die beiden Schlitze so angesteuert werden, dass kaum Frischgase über den Auspuff entweichen können und auch die Füllung des Zylinders mit Frischgas erfolgt besser als bei normalen Zweitaktern. Baier hatte hierzu auch Versuche mit einem angeschlossenen Kompressor durchgeführt. Beide Zylinder des Motors besitzen eine Bohrung von 65 mm und die zwei Kolben bewegen sich mit einem Hubweg von 72 mm. Der Hubraum entspricht also 476 ccm. In der Anordnung ist der Einlaßzylinder vorne positioniert, der Auslaßzylinder sitzt hinten. Die Zündkerze platziert man mittig im abnehmbaren Zylinderkopf. Zwei Schlitze zu beiden Seiten des hinteren Zylinders führen die Auspuffgase in die direkt an diesem Zylinder angebrachten Auspuffkammern. An der Bremse werden für den Motor 17 PS gemessen, als effektive Dauerleistung werden 14 PS angegeben. Für Sportzwecke liefert man auch eine Ausführung mit Leichtmetallkolben. Die Kraftübertragung auf das Dreiganggetriebe erfolgt durch eine Kette, ebenso von dort zum Hinterrad. Abgebremst wird das Motorrad über groß dimensionierte Innenbackenbremsen. Der Rahmen besitzt zwei doppelt geführte, gerade Rohre, die in der Ausrichtung schräg nach hinten abfallen. Für einen Preis von ca. 1175 Reichsmark steht das Modell bis 1929 in den Preislisten. Eine Rennausführung kostet 500 RM mehr.

Nachdem abzusehen war, dass das noch laufende Konkursverfahren der „Baier Motorrad GmbH“ mangels Masse eingestellt werden wird und die Firma in Liquidation gehen muss, genauso wie die Firma „Baier & Co.“, gründete man am 17. Januar 1928 mit einem neuen Teilhaber die Firma „Baier-Motorenbau GmbH“. Gegenstand des Unternehmens ist weiterhin die Herstellung und der Vertrieb von Motoren und Motorfahrzeugen nach den Konstruktionen des Ingenieurs Baier. Gesellschafter sind nun der Bankier Paul Behrens (Berlin) und Wilhelm Baier, wobei Behrens 10 Motorräder in die Firma mit einbringt und Wilhelm Baier dessen Konstruktionszeichnungen, Steuerdiagramme, Modelle und Lehren angerechnet werden. Als Geschäftsführer werden ins Handelsregister eingetragen: Ingenieur Wilhelm Baier (Berlin) und Kaufmann Horst M. Wetzell (Berlin). Firmenadresse ist die Bismarckstraße 3 in Berlin-Charlottenburg. In den eigenen Geschäftspapieren wird die Firma auch als „Baierwerk GmbH“ angegeben. 

Anfang Oktober 1928 wird wieder ein Vergleichsverfahren zur Abwendung eines Konkurses zur Firma „Baier-Motorenbau GmbH“ angeordnet, welches etwas später nach erfolgreich durchgeführtem Zwangsvergleich aufgehoben werden konnte. Die Firma beendete dann aber 1929 ihre Geschäftstätigkeit, möglicherweise auch bedingt durch die aufgekommene Weltwirtschaftskriese, und wird von Amts wegen im März 1931 aus dem Handelsregister gelöscht.

 

(Zusammengestellt von Helmut Kraus. August 2024)

Quellen:

(1)   Deutscher Reichsanzeiger, 1913, 1919, 1922, 1924, 1928, 1930, 1931

(2)   Berliner Börsen-Zeitung, 1913, 1923, 1928

(3)   Berliner Tageblatt, 1923, 1928

(4)   Der Motorfahrer, 1920

(5)   Handelsregister Berlin, 1923-1931

(6)   Adressbuch Berlin, 1923-1928

(7)   Deutsche Allgemeine Zeitung, 1923

(8)   Das Motorrad, 1925, 1927

(9)   Motor und Sport, 1928


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