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Avis Celer

Informationen zum Hersteller

A. & W. Lambrecht & Co.

Hannover-Linden, Dieckbornstraße 11                                                 (April 1925 – Dezember 1928)

„Avis celer“ Motorfahrzeugwerk Otto Hammer & Walter Lambrecht

Hannover-Hainholz, Schulenburger Landstraße 94                                   (Dezember 1928 – ca. 1932)

 

Zunächst betrieb die Familie Lambrecht in Hannover eine Autohalle in der Alten Celler Heerstraße 44, sowie anschließend eine Kraftfahrzeug- und Fahrrad-Reparaturwerkstatt in der Dieckbornstraße 11, welche bis ca. 1928 im Adressbuch Hannover aufgeführt war. Für den zusätzlichen Kraftfahrzeugverkauf wurde im April 1925 die offene Handelsgesellschaft „A. & W. Lambrecht & Co.“ gegründet. Die Gesellschafter des Unternehmens waren der Schlossermeister August Lambrecht, der Schlosser Walter Lambrecht und der Ingenieur Otto Hammer.

Als motorisiertes Zweirad wird anfangs das Einheitsmodell der Nürnberger Marke „Abako“ angeboten, die ein führerschein- und steuerfreies Motorrad mit 2,6 PS Leistung im Programm hatten.

Nachdem aber Abako Ende 1925 in Konkurs ging, schuf man eigene Modelle, die 1926 unter der Marke „Avis celer“ in Werbeanzeigen erschienen. Der Name „Avis celer“ ist lateinisch und steht für „schneller Vogel“.

Konstruiert wurden die eigenen Modelle zu dieser Zeit angeblich vom Hannoveraner Robert Meyer Senior, der mit seinen Modellen auch selbst an Rennsportveranstaltungen teilnahm. Zusammen mit Walter Lambrecht, O. Zügner und Wellhausen war man im ersten Produktionsjahr hauptsächlich an sportlichen Wettbewerben in der Region Hannover beteiligt. Zu nennen sind hier das Eilenriede Rennen in Hannover, die Harzfahrt des ADAC, der Silbernen Eule von Peine oder das Bahnrennen in Hannover.

Im Jahr 1927 werden folgende Motorradausführungen über Werbeanzeigen angeboten:

·       250 ccm mit Villiers Motor

·       350 ccm mit Villiers Motor

·       500 ccm mit MAG Motor, ioe

·       500 ccm mit MAG Motor, ohv

Die beiden Zweitaktmodelle mit Villiers-Motor besitzen nahezu identische Fahrgestelle. Der Rahmen des größeren Modells hatte zusätzliche Anschlussaugen für die Befestigung eines Seitenwagens. Die verwendeten Motoren dürften vom Villiers-Typ IX-A (250 ccm) und Typ IX-B (350 ccm) gewesen sein, die sehr ähnlich im Aussehen waren und sich hauptsächlich durch die Bohrung- und Hub-Abmessungen des Zylinders unterschieden.

Das Modell mit 350 ccm Villiers-Motor wird auch als Tourenmodell, bzw. 1928 als "Modell I" bezeichnet. Der Motor leistet 5 Nenn-PS und 11 PS an der Bremse. Mit einem Bohrungsdurchmesser von 79 mm und einem Hub von 70 mm entspricht dies 1,96 Steuer-PS. Der Zylinderkopf aus Aluminium war abnehmbar. Die Leistung des Motors wurde über ein englisches Sturmey-Archer Dreiganggetriebe mittels Kette auf das Hinterrad übertragen, wobei die Kette mit einem hochglanzpolierten Schutz aus Aluminiumguss im oberen Bereich abgedeckt wurde. Gebremst wurde an beiden Rädern mit Innenbackenbremsen. Der Tank wurde aus starkem Messingblech hergestellt, vernickelt und mit Zierlinien abgesetzt. Als maximale Geschwindigkeit wurde ca. 95-100 km/h versprochen. Das Modell wurde eher für den Laienfahrer oder den Geschäftsmann empfohlen, der geringe Störungsanfälligkeit und einfache Bedienung bevorzugte.

Das "Modell II" dagegen wird als "Sportmodell" beworben. Bei 4,5 Nenn-PS und 9 PS an der Bremse ist es für eine 250 ccm Maschine stark in der Leistung. Bei einem Bohrungsdurchmesser von 67 mm und einem Hub von 70 mm ergeben sich 1,4 Steuer-PS. Ansonsten sind die technischen Angaben identisch zu „Modell I“. Zielgruppe dieser Ausführung war der verwöhnte Fahrer, welcher neben seinen täglichen Fahrten auch erfolgreich sportliche Wettbewerbe bestreiten wollte.

Die beiden Viertaktmodelle besaßen Motoren von MAG. Für den "Standard-Typ", später als "Modell IV" bezeichnet, verwendete man einen wechselgesteuerten Motor. Der "Sportstyp", bzw. das "Modell V" hatte den oben gesteuerten Doppelport-Motor eingebaut. Ausgestattet sind beide Varianten mit einer automatischen Pilgrim-Ölpumpe, Bosch-Magnet, Amac-Vergaser, Dreigang-Sturmey-Archer-Getriebe, hochglanzpoliertem Kettenschutz, vernickeltem Messingtank, einer Parallelogramm-Gabel der Münchner Firma Standard und einem „Andre“-Steuerungsdämpfer.

Neben den oben beschrieben vier Ausführungen wird im Jahr 1928 noch das "Modell III" angeboten, welches eine reine Rennmaschine mit 172 ccm Zweitakt-Motor ist, die den bekannten Villiers-„TT Super Sports“-Motortyp verbaut hatte. Angegeben in den Werbeblättern ist das Modell mit 175 ccm. Er leistete 4,5 bis 5 Nenn-PS und 9 PS an der Bremse. Mit einer Bohrung von 57,15 mm und einem Hub von 67 mm entsprachen dies 0,98 Steuer-PS. Die Ausstattung der Maschine war ähnlich wie die der bereits beschriebenen Modelle. 

Ab 1927 fährt auch der Hannoveraner Hermann Weidemann auf „Avis celer“-Maschinen bei vielen regionalen und nationalen Motorradrennen. Unzählige Siege erreichte er in den Hubraumklassen von 175 ccm bis 500 ccm. So wurde Weidemann 1928 unter die besten 20 nationalen Motorradrennfahrer gezählt. Robert Meyer fuhr noch einige Rennen meist sehr erfolgreich in der Klasse bis 175 ccm. Weitere erfolgreiche „Avis celer“-Rennfahrer waren Friedrich Buttler aus Hamborn, Kurt Schreiber aus Berlin, H. Gehrmann aus Leipzig, Wels aus Breslau und Börsch aus Hannover, wobei letzterer beim Motorradrennen in Hamborn im September 1930 auf einer „Avis celer“ tödlich verunglückte.

Im Laufe des Jahres 1928 ergänzte noch ein Viertaktmodell mit 350 ccm MAG Motor die Angebotspalette. So wurden für das Jahr 1928 folgende Motorräder aufgeführt:

·       175 ccm Modell III, mit Villiers TT Super Sports Motor, für 1200.- RM

·       250 ccm Modell II, Sport mit Villiers Motor, für 985.- RM

·       350 ccm Modell I, Tourenmodell mit Villiers Motor, für 1040-1090.- RM

·       350 ccm Sport mit MAG Motor, für 1450.- RM

·       500 ccm Modell IV, Tourenmodell mit MAG-ioe-Motor, für 1295-1300.- RM

·       500 ccm Modell V, Sportmodell mit MAG-Doppelport-ohv-Motor, für 1400-1495.- RM

Das 500 ccm Sportmodell war mit einem Satteltank ausgestattet, der im vorderen Drittel vernickelt und der hintere Bereich mit einem schwarz imprägnierten Segeltuch versehen war. In der Werbung wurde dies als „Leder“ bezeichnet.

Ende 1928 scheidet August Lambrecht Senior aus dem Unternehmen aus. Otto Hammer und Walter Lambrecht leiteten die Firma anschließend gemeinschaftlich. Dementsprechend wird der Firmenname angepasst in „‘Avis celer‘ Motorfahrzeugwerk, Otto Hammer & Walter Lambrecht“. Den Firmensitz verlegt man in die Schulenburger Landstraße.

Um auch für die steuer- und führerscheinfreie Klasse ein günstiges und ansprechendes Motorrad anbieten zu können, wird ein Modell mit dem bekannten 200 ccm Villiers-Zweitakt-Motor konstruiert und etwa 1929 auf den Markt gebracht. Das Modell ersetzt das vorherige 175 ccm Rennmodell, was sicherlich nicht allzu viele Käufer fand. So war die Typenbezeichnung der 200 ccm Ausführung zunächst ebenfalls als „Modell III“ bezeichnet, die dann etwas später in „Comfort“ geändert wurde. Der verwendete Motor war der hauptsächlich für den deutschen Markt hergestellte Villiers Mark E I Motor, der etwa 5 PS Leistung aufbringt. Als Vorderradfederung hatte man eine Tiger-Preßstahlgabel verbaut. Mit einem Verkaufspreis von 745.- RM war dieses Motorrad erschwinglich in der Anschaffung und wurde vermutlich gut verkauft. Dieser Typ wurde bis ca. 1932 produziert.

Im Oktober 1929 löste sich die Firma als Gesellschaft auf und Otto Hammer übernimmt das Unternehmen als alleiniger Inhaber.

Angeboten werden nur noch zwei Motorradausführungen:

·       Modell 200 ccm, mit Villiers Motor, für 745.- RM

·       Modell 500 ccm, für 1350.- RM

Im folgenden Jahr wird nur noch das steuerfreie Modell „Comfort“ beworben.

Am 25. September 1930 wird ein Vergleichsverfahren über das Vermögen der Firma „‘Avis celer‘ Motorfahrzeugwerk Otto Hammer & Walter Lambrecht“ zur Abwendung des Konkurses eröffnet. Das Konkursverfahren folgt am 08. Oktober 1930.

 

(Zusammengestellt von: Helmut Kraus. Oktober 2024)

Quellen:

(1)   Deutscher Reichsanzeiger, 1928-1930

(2)   Adressbuch Hannover, 1925-1930

(3)   Hannoverscher Kurier, 1925

(4)   Hannoversches Tageblatt, 1925

(5)   Stuttgarter neues Tagblatt, 1928

(6)   Hamburgischer Correspondent, 1928

(7)   General Anzeiger, 1932

(8)   Motor und Sport, 1928

(9)   Das Motorrad, 1929


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