Andrees
Informationen zum Hersteller
H.W. Andrees, Automobil- u. Motorenindustrie
Düsseldorf 64, Neußer Straße 12 (Fabrikation) (1922-1925)
Düsseldorf, Oststraße 135 (Büro u. Ausstellung) (1925)
H.W. Andrees
Düsseldorf 64, Neußer Straße 12 (Fabrikation) (1926-1929)
Düsseldorf, Oststraße 135 (Verkaufsabteilung) (1926-1929)
Arnsberg, Feldstraße 13 (Fabrik) (1929)
Bereits im Jahre 1920 ist die Firma „H. u. W. Andrees, Automobil- und Motoren-Industrie“ im Kraftfahrzeughandel tätig. In der Düsseldorfer Bastionstraße werden von diesem Unternehmen Automobile an- und verkauft. Im Jahr vorher hatte man unter dem Firmennamen „Heinrich Andrees“ Autoreifen angeboten. Es ist anzunehmen, dass Heinrich Andrees und Wilhelm Andrees, beides Ingenieure, die Inhaber der oben genannten Firma waren und dass dies Brüder waren. Beide wohnten zusammen mit dem vermutlich dritten Bruder Karl bei ihrem Vater Anton Andrees in der Worringer Straße 55.
Im Jahr 1922 lautet die Geschäftsadresse dann Neußer Straße 12 und auch der Firmenname hat eine leichte Änderung bekommen. Die Firma heißt nun „H.W. Andrees, Automobil- u. Motoren-Industrie“. Neben dem Kraftfahrzeughandel betreiben die Gebrüder Andrees auch eine Autoreparaturwerkstatt an gleicher Geschäftsstätte.
Die Firma übernimmt eine Lizenz zum Bau des englischen Bradshaw-Einbaumotors. Hierbei handelt es sich um einen Zweizylinder-Boxer-Motor, der in ähnlicher Bauweise bereits in englischen Zenith-Motorrädern verbaut wurde. Das Aggregat besitzt einen Hubraum von 496 ccm und wird durch das großflächig ausgeführte Aluminium-Motorengehäuse durch Luft bei zusätzlicher Wärmeverteilung mittels innerer Ölzirkulation über die Gehäuseflächen gekühlt. Das Gehäusematerial ist hierzu bis zum Zylinderkopf hochgezogen. Für die Laufbahnen der Zylinder sind leicht auswechselbare Buchsen aus Stahl in das Gehäuse eingezogen. Die Ventile sind obengesteuert und die Zylinderbohrung ist ebenso wie der Hub mit 68 mm ausgelegt. Die Gaszuführung zu den Ventilen erfolgt über eingegossene Saugkanäle auf der rechten Seite des Motorgehäuses. Auf der gegenüberliegenden Seite ist die große außenliegende Schwungscheibe platziert. Bremstestergebnisse bescheinigen der Maschine eine Leistungsabgabe von 13,5 PS.
Diesen Motor verbaut man in ein eigenes robustes Fahrgestell, ausgestattet mit einer englischen Brampton Bi-Flex Gabel, einem Dreigang-Getriebe von Sturmey-Archer und einem gekapselten Kettenantrieb vom Motor zum Getriebe. Das Hinterrad wird ebenfalls mittels Kette angetrieben und besitzt, ebenso wie das Vorderrad, eine doppelwirkende Innenbackenbremse. Das gesamte Motorrad wird als gut durchkonstruiert in der Fachpresse bewertet und kann nach Zeitungsberichten eine maximale Geschwindigkeit von ca. 135 km/h erreichen. Dieses mit „Type A2“ bezeichnete Modell wurde in der Stuttgarter Motorrad-Sport-Ausstellung, wie auch in der Wiener Motorradausstellung, im Frühjahr 1924 präsentiert und bereits im Juni werden bei der Bergprüfungsfahrt in Pforzheim respektable Ergebnisse mit einer solchen Maschine erzielt.
Insofern ist es verständlich, dass man sich in Werbeanzeigen als „Spezialfabrik für Motoren und Motorräder“ bezeichnet.
Für das Jahr 1925 bietet man auch ein Einzylinder-Motorrad mit 349 ccm Hubraum an. Auch dieses besitzt einen von Bradshaw konstruierten Motor mit gleichem Kühlkonzept. Das Modell wird als „Type B1“ benannt. Der Motor mit stehendem Zylinder leistet ca. 10 PS an der Bremse. Auch dieses Antriebsaggregat besitzt eine außenliegende Schwungscheibe und die Ventile sind ebenfalls wie beim Boxer-Modell obengesteuert. Eine Parallelogrammgabel übernimmt die Vorderradfederung. Ansonsten sind die konstruktiven Ausführungen ähnlich wie bei der Type A2.
Mit Fahrern wie Kürten (Düsseldorf), Bergmann (Brambauer), Hammerschmidt (Siegen) und Lindenmeier (Gersthofen bei Augsburg) erzielt man etliche erste Plätze und weitere gute Platzierungen bei regionalen und überregionalen Wettbewerben wie beispielsweise der ADAC-Winterfahrt, dem Rundstreckenrennen Hohensyburg, dem Automobil- und Motorrad Turnier in Siegen und dem Internationalen Motorradrennen in Frankfurt. Auch an der ADAC-Deutschlandfahrt 1925 nehmen Andrees Maschinen erfolgreich teil.
Zur Saison 1926 erscheint ein weiteres Andrees-Motorradmodell, der „Typ 2 C 14“. Diese neue Ausführung hat einen wechselgesteuerten V-Zweizylinder Motor von MAG verbaut mit einem Hubvolumen von 750 ccm, was einer Steuerleistung von ca. 2,9 PS entspricht. An der Bremse leistet der Motor etwa 20 PS. Die hier verwendete Vorderradgabel ist nach Druid-Bauart konstruiert. In den Preislisten findet man die Maschine mit 1800 RM angegeben. Die kleine „Type B1“ kostet zu dieser Zeit 1550 RM, sie wird noch bis 1928 verkauft.
Im weiteren Verlauf wurde noch eine Motorradausführung mit der Bezeichnung „Typ 2 C 12“ angeboten, welche einen 600 ccm V-Zweizylinder MAG-Motor mit wechselgesteuerten Ventilen verbaut hatte. Daneben gab es Modelle mit 350 ccm und 500 ccm mit MAG-Einzylinder-ohv-Motoren, diese auch als Franconi-Ausführung. Weiterhin ein Modell mit seitengesteuertem 500 ccm Motor, eine 600 ccm V-Zweizylinder Supersport Ausführung mit ohv-Motor und ein Modell mit seitengesteuertem Zweizylindermotor und einem Hubraum von 750 ccm.
Insbesondere für Gewerbetreibende hatte man zeitweise auch einen 10 PS Motor-Kleinlieferwagen mit 8-10 Zentner Nutzlast im Angebot.
Bei Motorradrennen brillierte im Jahr 1927 insbesondere das Düsseldorfer Gespann-Team Kürten/Schneider für die Marke „Andrees“ beim Rennen auf der Opel-Bahn mit einem ersten Platz in der Beiwagenklasse bis 1000 ccm und einem zweiten Platz in der Beiwagenklasse bis 600 ccm. Weitere erste Plätze erzielte Heinz Kürten mit einem Andrees-Renngespann in der Klasse bis 600 ccm bei der Bergprüfungsfahrt Hohe Wurzel, beim Rennen Rund um den Neroberg, sowie beim Eröffnungsrennen des Nürburgringes. Beim Großen Preis von Europa auf dem Nürburgring konnte er dann noch den dritten Platz in der 1000 ccm Solo-Klasse erringen.
Die Produktpalette wird für 1929 radikal umgestellt. Die bisherigen großvolumigen Modelle werden nicht mehr angeboten. Man hat für die steuerfreie Motorradklasse ein neues 5 PS Motorradmodell mit eigenem 200 ccm Zweitaktmotor entwickelt. Nicht verständlich ist allerdings, warum dieses Modell eine eher antiquierte Blattfedergabel zur Vorderradfederung in Verwendung hatte. Das Motorrad soll in einer neu errichteten Fabrik in Arnsberg gefertigt werden, für welche die Geschäftsleitung ab Frühjahr 1929 eine größere Anzahl an Fachkräften, Lehrlingen und Büromitarbeitern in den regionalen Tageszeitungen sucht. Eine geplante Stückzahl von 10.000 Motorrädern dieser steuerfreien Motorradausführung sowie von 10.000 Stück Einbaumotoren wird im Mai in der Fachpresse angekündigt. Das neue 4-geschossige Motorradwerk war mit 3000 Quadratmeter Arbeitsfläche und modernen Einrichtungen ausgestattet. Noch im September 1930 konnte man das Zweitaktmodell mit einem Preis von 720 RM in den Preislisten finden. Es ist aber davon auszugehen, dass nur eine kleine Menge der 200er Motorradausführung gefertigt und verkauft werden konnte und dann die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise der Firma finanziell ein Ende bereiteten.
Im Zuge der späteren Zwangsvollstreckung wird das ca. 15,5 Ar große Fabrikareal in Arnsberg am 30. September 1932 über das Gericht Arnsberg versteigert.
(Zusammengestellt von: Helmut Kraus. August 2024)
Quellen:
(1) Adressbuch Düsseldorf, 1920, 1924-1926
(2) Briefkopf Fa. Andrees, 1927
(3) Kölnische Zeitung, 1920, 1922
(4) Münsterischer Anzeiger, 1919
(5) Schwäbischer Merkur, 1924
(6) Der Auto-Markt, 1924
(7) Österreichischer Motor – Der Flug, 1924
(8) Dortmunder Zeitung, 1925
(9) Motor und Sport, 1926-1930
(10) Schwäbischer Merkur, 1924
(11) Der Motorfahrer, 1924
(12) Karlsruher Tagblatt, 1924
(13) Central-Volksblatt für das gesamte Sauerland, 1929, 1932
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